Virchowbund will neuen Facharzt für Betreuung und Koordination

Berlin – Der Virchowbund schlägt in einem neuen Grundsatzpapier vor, die Aufgaben von Haus- und Fachärzten neu zu verteilen. Kern der Überlegung ist die Schaffung eines „Facharztes für Betreuung, Koordination, Information und Kommunikation“, heißt es in dem Programm „Versorgung 2040: Eckpunkte für eine gute, gerechte und gemeinwohlorientierte Gesundheitsversorgung“, das die Delegierten der Bundeshauptversammlung des Virchowbundes am Samstag einstimmig beschlossen haben.
Der neue „Facharzt für Betreuung und Koordination“ soll in der Regel der Hausarzt sein, in einigen definierten Situationen auch ein grundversorgender Facharzt.
Patienten sollen die Möglichkeit erhalten, sich ohne Eigenbeteiligung in einen Wahltarif einzuschreiben, bei dem dieser neue Facharzt als Primärarzt die Steuerung der Patientinnen und Patienten durch das Gesundheitssystem übernimmt.
Wünschen sie allerdings weiterhin eine freie Arztwahl ohne Steuerung, sollen sie eine Eigenbeteiligung zahlen müssen. Auf diese Weise könne der ungehinderte Zugang ins System gebremst werden, so der Virchowbund. Wichtig sei zudem, den Patienten transparenten Einblick in die Kosten der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen zu geben, um die Eigenverantwortung zu stärken.
Mehr Medizinstudienplätze
In seinem Grundsatzprogramm plädiert der Virchowbund unter anderem auch für eine Aufstockung der Medizinstudienplätze sowie eine Änderung des Auswahlverfahrens durch eine Abschaffung des Numerus Clausus.
Die Weiterbildung soll künftig über ein Stiftungsmodell finanziert werden. Zudem soll der Gehaltsabstand zwischen Medizinischen Fachangestellten (MFA) und Sozialversicherungsangestellten (SOFA) verringert werden.
Diesen Gehaltsabstand nannte der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, einen Skandal. Während MFA im Tarifvertrag 16,17 Euro pro Stunde verdienten, verdienten Pflegehelferinnen mit einjähriger Ausbildung 17,71 Euro pro Stunde und SOFAs zum Beispiel bei der AOK 20,87 Euro.
„Der Skandal ist, dass die Krankenkassen uns eine bessere Finanzierung von MFA verweigern, sie ihren Angestellten aber großzügigere Vergütungen gönnen und uns dann MFA ausspannen, die wir ausgebildet haben“, so Heinrich.
Priorität für das Gesundheitswesen
Zudem spricht sich der Virchowbund dafür aus, die Renditen im Bereich „Kapital in der Gesundheitsversorgung“ einzugrenzen und Transparenz darüber zu schaffen, wer die jeweils „wirtschaftlich Berechtigten“ sind. Die medizinische Alleinverantwortung müsse immer beim ärztlichen Leiter liegen, so der Verband.
Im Hinblick auf das Platzen der Ampelkoalition geht der Virchowbund davon aus, dass die Zukunft der medizinischen Versorgung bei der anstehenden Neuwahl des Bundestages eines der wahlentscheidenden Themen sein wird. Der Verband warnt vor dem demokratiegefährdenden Potenzial von spürbaren Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung.
Er spricht sich deshalb für einen „White Deal“ aus. Die Prioritätensetzung der mittelbaren und unmittelbaren Staatsausgaben, also Sozialbeiträge und Steuermittel, müsse daran angepasst werden und auch dem volkswirtschaftlichen Wert des Gesundheitswesens entsprechen. Denn in diesem Sektor arbeiten zehnmal mehr Beschäftigte als in der stark subventionierten und politisch umworbenen Automobilindustrie.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: