Wachsende Kritik an Berliner „Kinderwunsch Tagen“
Berlin – In Berlin findet die erste Kinderwunsch-Messe statt. Auf durchgestylten Illustrationsbildern werben Traumbabys für reproduktionsmedizinische Angebote. Die erste Verbrauchermesse dieser Art in Deutschland öffnet vor allem ausländischen Anbietern den lukrativen deutschen Markt. Dabei präsentieren viele von ihnen Befruchtungspraktiken, die hierzulande verboten sind.
Das stößt auf zunehmende Kritik. Denn viele der Verfahren sind deshalb verboten, weil sie der Gesetzgeber für ethisch fragwürdig oder verwerflich hält. „Wenn man eine solche Messe veranstaltet und dort auch für hierzulande illegale Methoden wirbt, geschieht das in erster Linie nicht, weil man diesen Paaren helfen will, sondern aus rein kommerziellen Interessen“, beklagte etwa der Gesundheitsexperte der Grünen, Harald Terpe.
Nach dem Deutschen Register für In-Vitro-Befruchtung (IVF) wurden 2015 in den 134 deutschen Behandlungszentren knapp 58.000 Frauen behandelt. Dazu wurden 97.796 Zyklen durchgeführt. Insgesamt kamen 2014 in Deutschland 9.140 Kinder nach künstlichen Reproduktionsmethoden zur Welt. Viele Paare lassen sich inzwischen auch im Ausland behandeln.
Dafür bietet die Messe umfangreiche Offerten, die die Hauptanbieter gleich ins Deutsche übersetzt haben. So lädt das Oregon Reproductive Medicine (ORM) in sein „Full-Service-Kinderwunschzentrum“ an der US-Pazifikküste ein. Sie werben mit den hohen Standards bei der Auswahl der „Eizellspenderinnen in unserem ORM Donors Programm“ und einem „Vollchromosomen Screening“ sowie individueller „Präimplantationsdiagnostik“.
Auch beim „IVF Spain Alicante“ gehört die Eizellspende zum Angebot. Dem Kunden verspricht die Firma „vom TÜV weit über dem spanischen Durchschnitt zertifizierte Schwangerschaftsraten“. Passendes Sperma kann man bei der Fairfax-Cryobank in „nur drei Schritten“ finden. Bei der Auswahl unter Ethnie, Haarfarbe und Augenfarbe kann der Kunde etwa die Kombination eines rothaarigen Kaukasiers mit grünen Augen auswählen. Die Spender sind anonymisiert.
Den SPD-Gesundheitsexperten Rene Röspel ärgert vor allem, „dass hier suggeriert wird, die Reproduktionsmedizin ist ganz einfach“. Aber „von sieben behandelten Frauen gehen sechs am Ende ohne Kind nach Hause“. Viele Betroffene kämen in eine hoffnungslose Situation. Die Angebote führten zu einer „unmenschlichen Beliebigkeit“.
Nach Auffassung des familienpolitischen Sprechers der Unions-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, „degradiert die Leihmutterschaft ein Kind zum Bestellobjekt“; die Frau werde ein „käufliches Mittel zum Zweck“. „Auch wenn ich Verständnis habe, dass Kinderlosigkeit großes Leid auslösen kann, rechtfertigt das nicht, Dritte zur eigenen Wunscherfüllung zu instrumentalisieren“.
Der Gesetzgeber spricht ferner von einem „einschneidenden Eingriff“ in die Persönlichkeit des Kindes und will die intime „Mutter-Kind-Beziehung, die in der Schwangerschaft beginnt“, schützen. Weinberg sieht „die Staatsanwaltschaft in der Pflicht, die Werbung ausländischer Anbieter von Leihmutterschaft auf den Kinderwunsch-Tagen in Berlin zu untersagen“.
Gleichzeitig ringen selbst in Deutschland Kinder aus Samenspenden um die Kenntnis ihres leiblichen Vaters – bislang oft vergeblich. Anne Meier-Credner vom Verein „Spenderkinder“ begrüßt es daher, dass der Gesetzgeber nun „endlich das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung“ sichern will. Umso erschreckender sei es, dass „die Hauptaussteller in Berlin ausländische Kliniken sind, die weiterhin anonyme Keimzellspende anbieten“.
Der Sprecher der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, betonte, „dass grundsätzlich das Wohl des Kindes und seine Rechte Vorrang vor anderen Erwägungen haben müssen“. Entsprechend besorgniserregend sei es, „dass nun sogar kommerzielle Anbieter aus dem Ausland Gelegenheit erhalten, Praktiken der Reproduktionsmedizin vorzustellen, die in Deutschland aus sehr guten Gründen verboten sind“.
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