Legalisierung der Eizellspende in Deutschland

Berlin – Am 22. März will der Deutsche Ethikrat in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit Ethnologen, Pädagogen, Philosophen und Rechtswissenschaftlern über die Konsequenzen aus dem zunehmenden Reproduktionstourismus diskutieren. Die Paare suchen im Ausland hauptsächlich Hilfe mittels Eizellspende, die derzeit in Deutschland nicht erlaubt ist. Es ist eine Konstellation, die man offenbar nicht länger auf sich beruhen lassen will.
Im Mittelpunkt soll die Frage stehen, welche Schwierigkeiten daraus resultieren. Es geht nicht nur um die betroffenen Paare, auch um die Spenderinnen, die beteiligten Ärzte und Gesundheitsfachkräfte sowie nicht zuletzt um die mittels Eizellspende geborenen Kinder.
Währenddessen werden die Forderungen nach einer Legalisierung der Eizellspende in Deutschland immer lauter. Das Deutsche Ärzteblatt hat dazu führende Experten um eine Stellungnahme zu dieser Frage gebeten:
Halten Sie es für notwendig, die Eizellspende in Deutschland zu legalisieren?
Prof. Dr. med. Wolfgang Würfel, Kinderwunsch Centrum München:

„Eindeutig ja, denn wir sehen, dass der Bedarf für viele Paare mit Kinderwunsch da ist, die derzeit allein im Ausland Hilfe erhalten. Sicherlich sind die medizinischen Standards in einigen Ländern wie Spanien oder Tschechien, wohin die meisten für eine solche Behandlung gehen, in der Regel sehr gut. Allerdings ist dies nicht überall gewährleistet.
Wenngleich keine Schwangere irgendwelche Sanktionen fürchten müsste, bewirkt doch die derzeitige Verbotsregelung, dass oftmals geheim gehalten wird, wie das Kind oder die Mehrlinge gezeugt worden sind. Daraus resultiert, dass die hierzulande für die Schwangeren Sorge tragenden Geburtshelfer nicht auf die erhöhten Risiken einer mittels Eizellspende zustande gekommenen Schwangerschaft vorbereitet sind. Das kann Mutter und Kind gefährden. Es wäre daher wünschenswert, dass die Eizellspende nach hiesigen Standards legalisiert würde.“
Prof. Dr. jur. Jochen Taupitz, Universität Mannheim, Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (ZEKO):

„Das Verbot der Eizellspende ist im deutschen Embryonenschutzgesetz eindeutig formuliert und als solches unbestritten. Allerdings wird natürlich heftig darüber diskutiert, ob es rechtspolitisch sinnvoll ist und ob es mit der Verfassung in Einklang steht. Denn das Verbot stellt einen erheblichen Eingriff in die Fortpflanzungsfreiheit und in das Recht auf Familiengründung dar. Erfahrungen im Ausland zeigen, dass bei dem Kind in der Regel keine seelischen Konflikte oder Identitätsfindungsprobleme entstehen, wenn es erfährt, dass es zwei Mütter hat, nämlich die Eizellspenderin und die Mutter, die es ausgetragen und geboren hat. Entsprechende Befürchtungen des deutschen Gesetzgebers haben sich also als unbegründet herausgestellt.
Zur Vermeidung der immer wieder befürchteten Kommerzialisierung der Eizellspende und zur Wahrung der Freiwilligkeit der Spende kann an ähnliche Einschränkungen wie bezüglich der Lebendorganspende im geltenden Transplantationsrecht gedacht werden. Es wäre deshalb zu begrüßen, wenn das strikte Verbot der Eizellspende aufgehoben würde.“
Prof. Dr. med. Jan-Steffen Krüssel, UniKiD Kinderwunsch Universitätsklinik Düsseldorf:

„Eindeutig ja, denn das derzeitige Verbot ist eine Ungleichbehandlung: Die Samenspende ist erlaubt, die Eizellspende hingegen nicht. Die Betroffenen entscheiden sich gewiss nicht leichtfertig dafür, ein Kind auszutragen, dass nicht genetisch mit der Mutter verwandt ist. Mein Hauptargument wendet sich vor allem gegen den geradezu pharisäerhaften Widerspruch zu dem Zugeständnis, dass jedes Spenderkind das Recht haben soll, seinen biologischen Vater kennenzulernen.
Deutschland zwingt mit seinem Verbot die Frauen, in Länder zu gehen, wo die Eizellspende vollkommen anonym ist, etwa in Spanien oder Tschechien. Dorthin begeben sich schätzungsweise die Hälfte der Betroffenen, um mittels Eizellspende schwanger zu werden. Somit ist diesen Kindern verwehrt, ihre biologische Mutter kennenzulernen. Das hohe Rechtsgut, dass wir in Sachen Samenspende verteidigen, wird folglich in Sachen Eizellspende ignoriert.“
PD Dr. sc. hum. Tewes Wischmann, Institut für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Heidelberg:

„Dieser Frage stehe ich ambivalent gegenüber. Einerseits empfinde ich es als unsinnig, wenn Frauen aufgrund eines Verbotes in Deutschland die Leistung dann eben im Ausland in Anspruch nehmen – und das zu meist schlechten psychosozialen Konditionen. Denn in den vielen Ländern erfolgt die Eizellspende anonym. Damit hat das Kind später keine Möglichkeit, etwas über seine Herkunft und leibliche Mutter zu erfahren. In Finnland sind dagegen alle Eizellspenderinnen identifizierbar. Dies ist aus psychosozialer Sicht eindeutig besser, da das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gewahrt bleibt.
Andererseits empfinde ich es als problematisch, die Eizellspende mit der Samenzellspende gleichzusetzen und zu legalisieren. Denn die Eizellspende ist im Gegensatz zur Samenzellspende ein nicht risikofreier Eingriff. Ihrer Kommerzialisierung muss klar Einhalt geboten werden. Ein Blick nach Spanien beispielsweise zeigt uns doch, dass es keineswegs nur altruistische Gründe sind, die Studentinnen veranlassen, ihre Eizellen zu spenden. Möglicherweise lassen sich tragfähige Lösungen für die Eizellspende ebenso wie für die Organspende finden. Fest steht jedoch, dass das mittlerweile über 25 Jahre alte ESG reformiert werden muss.“
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