Politik

Warnung vor wachsender Nachlässigkeit in der Coronapandemie

  • Montag, 10. August 2020
Dichtes gedränge: Hunderte Urlauber aus Deutschland sollen am Ballermann auf Mallorca Party gemacht haben, ohne sich um die derzeit in Spanien geltenden Coronaregeln zu scheren. /picture alliance, Clara Margais
/picture alliance, Clara Margais

Berlin – Politik und Ärzte warnen in der Coronakrise vor einer wachsenden Nachlässig­keit in der Co­ro­napandemie in Deutschland. „Corona wird jeden Tag gefährlicher“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) heute nach einer außerplanmäßigen Kabinetts­sitzung.

Die Spätfolgen von SARS-CoV-2 würden zunehmend erst jetzt sichtbar. Es gebe sehr viele Berichte von Menschen, die auch Monate nach einer Infektion darüber klagten, dass sie nach wie vor erhebliche Belastungen hätten, so Söder. Geklagt werde über einen weiter fehlenden Geruchssinn oder darüber, dass das Lungenvolumen nicht zurückgekehrt sei.

„Viele medizinische Studien berichten von Spätfolgen, die einen lange beschäftigen können“, sagte der CSU-Chef. Daher sei klar, dass Corona „viel heimtükischer und gefähr­licher“ sei als bisher angenommen. Umso wichtiger sei es, nicht mit Leichtsinn, sondern Umsicht weiter zu reagieren.

Corona sei in ganz Europa auf dem Vormarsch, mahnte der bayerische Ministerpräsident. Zugleich nähmen Leichtsinn und Unver­nunft zu, wie Söder es formulierte. Daher müssten die Menschen zu der Vorsicht zurück­kehren, die in den vergangenen Wochen ein guter Schutz gewesen sei.

„Wir sehen schon einen kontinuierlichen Anstieg der Infektionszahlen – er ist flach, aber er ist da“, sagte auch die Vorsitzende des Marburger Bundes (MB), Susanne Johna. Gleich­zeitig scheine die Bereitschaft zum Einhalten der Schutzregeln bei einem kleineren Teil der Bevölkerung abzunehmen.

„Man muss also von einem Trend sprechen, der uns klarmacht, dass es so nicht weiter­gehen kann.“ Abstand, Hygiene und die Maskenpflicht müssten wieder konsequenter ein­gehalten werden. Johna mahnte, es gebe Dinge, die man sich jetzt nicht leisten sollte.

„Dazu gehört, es zu tolerieren, wenn Menschen im öffentlichen Nahverkehr die Maske als Kinnschutz tragen. Das ist auch schnell eine Großveranstaltung, wenn in einem vollen Waggon viele Men­schen eng beieinanderstehen.“ Vielleicht müsse man manche auch wieder damit konfron­tieren, dass die COVID-19-Erkrankung weiter gefährlich sei.

„Viele empfinden das nicht mehr als Realität, weil sie in ihrem Bekanntenkreis niemanden kennen, der relevant erkrankt ist“, erklärte die MB-Chefin. „Manche haben dadurch das Gefühl, es sei weit weg. Aber es ist nicht weit weg.“

Es gebe weiter schreckliche Schick­sale Erkrankter, denen auch modernste Mittel der Me­dizin nicht mehr helfen konn­ten. „Was häufig vergessen wird: Unter den Erkrankten gibt es auch Menschen, die lang andauernde Schäden zurückbehalten.“

Beim Krisenmanagement bleibe es wichtig, möglichst alle Fälle nachzuverfolgen, machte Johna deutlich. „Wenn wir einzelnen Fällen nicht mehr nachgehen, dann stoßen wir manch­mal gar nicht auf eine Häufung von Infizierten.“ Dafür müssten die Gesundheits­ämter dauerhaft personell gestärkt werden, gerade im ärztlichen Bereich.

Johna schlug zudem spezielle Quarantäneregeln für Menschen vor, die bei Veranstaltun­gen mit vielen Infizierten waren und mit vielen Mitbewohnern zusammenleben. Sie soll­ten nicht zu Hause isoliert werden, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Für solche Personen müssen wir eine besondere Quarantänesituation anbieten, etwa in Hotels, und sie für eine Woche auch von ihrer Familie oder anderen Mitbewohnern fernhalten.“

Um mehr Akzeptanz zu erreichen, könnten Quarantänezeiten auch von 14 Tagen auf die Hälfte verkürzt werden. Sieben Tage könnten ausreichen, vor allem in Verbindung mit einem abschließenden negativen Test.

may/dpa

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