Politik

Wegen Milliardenlücken: Staatssekretärin stimmt auf großes Sparpaket ein

  • Freitag, 5. Dezember 2025
/picture alliance, Nicolas Armer
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Berlin – Derzeit ringen Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss um ein „kleines Sparpaket“ in Höhe von rund zwei Milliarden Euro, das vor allem die Kliniken schultern sollen. Es soll helfen, die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das kommende Jahr zu stabilisieren und Beitragssatzerhöhungen zu verringern.

Egal, wie das Ringen am Ende ausgeht: Kliniken, Niedergelassene, Pflege, Pharmaindustrie und auch Patienten müssen sich im kommenden Jahr auf ein zweites Sparpaket für das Gesundheitswesen einstellen. Das dürfte es in sich haben, denn die Finanzlage ist mehr als schwierig.

Die finanziellen Rahmenbedingungen, in denen man sich derzeit bewegt, sind nach Aussagen von Katja Kohfeld, Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), für das Jahr 2026 „düster“. Für die Jahre 2027 und danach sehe es am Himmel „eher noch mal ein bisschen düsterer aus“, betonte sie heute bei einem Besuch des Verwaltungsrats des GKV-Spitzenverbands.

Sie verwies darauf, dass der Bund dieselben Sorgen hat. Leider würden auch die Finanzen des Bundes ab 2027 „ähnlich aussehen“ wie die der GKV und der sozialen Pflegeversicherung (SPV). Das sei „eine Gemeinsamkeit“, bei der man am Ende zusammen schauen müsse, welche Möglichkeiten bestünden.

Vorschläge für Strukturreformen und Einsparungen soll die GKV-Finanzkommission im März vorlegen, die keinen Denkverboten unterliegen soll, unterstrich Kohfeld. Sie schließt Leistungseinschränkungen dabei als Option nicht aus und rechnet auch damit, dass das Thema versicherungsfremde Leistungen von der Kommission aufgegriffen werden wird.

Eigene Einsparvorschläge für das Gesundheitssystem hatten die Krankenkassen erst vor wenigen Tagen in einem 77-seitigen Papier zusammengefasst. Aus Kassensicht lassen sich damit 50 Milliarden Euro heben. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands forderte die Bundesländer heute in einer Erklärung auch dazu auf, dem kleinen Sparpaket im Vermittlungsausschuss zuzustimmen.

Kohfeld zeichnete heute ein Bild von unabänderlicher Dringlichkeit sowohl bei Strukturreformen als auch bei Einsparungen. Am Ende wolle sich die Politik die Vorschläge ansehen und dann abwägen, welche Schritte man gehen werde. Klar sei aber schon heute für sie, dass „nicht nur das Krankenhaussystem einen historischen Zeitpunkt erreicht“ habe. Ein „Weiter so“ könne es auch in der ambulante Versorgung nicht geben.

Man werde in dieser Legislatur die Themen Wartezeiten auf Facharzttermine und den Zugang zur ambulanten Versorgung über ein Primärarztsystem auf den Weg bringen, versicherte die Staatssekretärin. Dazu werde man mit den Akteuren im Gesundheitswesen nochmal in den Dialog treten.

Sondiert werden müsse etwa, welche Veränderungen nötig seien, um in Zukunft ein gutes und verlässliches ambulantes Versorgungssystem zu ermöglichen. Das gelte sowohl in Bezug auf einen sachgerechten und leistungsgerechten Zugang für Versicherte, aber auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel.

Dabei müsse auch die Frage gestellt werden, ob es „in Zukunft immer ein Arzt sein“ müsse, der Patienten versorgt. „Wird es in Zukunft vielleicht größere Einheiten geben, wo nicht jeder Patient mehr bei jedem Termin einen Arzt sehen muss, sondern auch weitere Qualifikationen attraktiver werden und neue Aufgaben in diesem System bekommen. Dieses werden wir angehen, gemeinsam mit Ihnen“, so Kohfeld.

Sie wies auf die Dringlichkeit auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels hin. „Wir werden uns diese Struktur der Krankenhäuser und diese Struktur des ambulanten Bereiches nicht mehr leisten können, wenn wir nicht das Personal dafür haben“, sagte sie.

„Ich sage auch ungefiltert, im ambulanten Bereich fehlen uns bereits 5.000 Hausärztinnen und Hausärzte in der Fläche, weil einfach keine Ärzte da sind, aber auch keine MFA, kein unterstützendes Personal.“ Zum Schluss werde eine Gesundheitseinrichtung immer nur durch gemeinschaftliche Arbeit letztendlich auch die Leistung erfüllen können.

Die vergangenen zehn Jahre sei das Gesundheitswesen gut durch die Krisen gekommen, selbst in der Finanzkrise. Das sei nun anders. „Der Druck ist jetzt da – sowohl der strukturelle wie auch der finanzielle. Und ich glaube, man sollte es aufgreifen“, sagte sie.

Die Anrufung des Vermittlungsausschusses beim kleinen Sparpaket um zwei Milliarden Euro sei „kein guter Auftakt dafür“. Das sei aber „nur ein Vorgeschmack auf das, was nächstes Jahr an Verhandlungen anstehen“ werde. Einer werde immer dagegen sein und zwar immer derjenige, der von den Einsparungen betroffen sei.

Sie versuche Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bei schwierigen Entscheidungen den Rücken zu stärken. Ihre Erfahrung im Gesundheitswesen zeige manchmal: Je größer der Gegenwind, je richtiger vielleicht die Maßnahme, erläuterte Kohfeld.

Ohnehin würden immer alle sagen, „ihr könnt überall sparen, nur bitte nicht bei uns“. Das sei auch nicht nur im Gesundheitssystem immanent, sondern werde wahrscheinlich für alle anderen Branchen auch gelten. Dabei sei klar, dass es im Gesundheitswesen fast alle treffen werde. Zu Einsparungen bei den Krankenkassen stehe allerdings „nichts im Koalitionsvertrag“.

may

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