Politik

Krankenkassen listen Sparpotenzial von 50 Milliarden Euro auf

  • Mittwoch, 3. Dezember 2025
/Suryani, stock.adobe.com
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Berlin – Die Krankenkassen fordern ein Sparpaket in Höhe von 50 Milliarden Euro, um den erwarteten starken Anstieg der Beiträge in den kommenden Jahren abzubremsen. Das geht aus einer Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes hervor, die an die vom Bundesgesundheitsministerium eingesetzte GKV-Finanzkommission gerichtet ist.

In dem 77-seitigen Papier, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, sind 50 Sparvorschläge aufgelistet. Die GKV-Finanzkommission, die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) Ende September eingesetzt hat, hatte Mitte November rund 300 Institutionen und Verbände des Gesundheitswesens angeschrieben und um Stellungnahmen gebeten. Dabei sollten sich die Beteiligten ihre Vorschläge „kurz und präzise“ in einem Online-Fragebogen eintragen.

Auf dem nun deutlich umfangreicheren Papier warnt der Krankenkassenverband vor einem starken Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitrags in den kommenden Jahren: So könnte im Jahr 2027 der Beitragssatz von aktuell 17,5 Prozent auf bis zu 18,1 Prozent steigen.

Folgt man einer Modellrechnung, dann könnte der Beitrag ohne Reformen bei bis zu 22,7 Prozent im Jahr 2040 liegen. In den Jahren ab 2027 spiele auch die Rückzahlungen der Darlehen, mit denen aktuell der Beitragssatz stabil gehalten wird, eine Rolle. Auch dadurch werde der Zusatzbeitrag deutlich höher werden, heißt es.

Daher müsse nun das „Hauptaugenmerk der Reformbemühungen auf die Steuerung beziehungsweise Verringerung der Ausgabenentwicklung“ gerichtet werden, schreibt der Verband. In allen Versorgungsbereichen müssten daher „Reformen angestoßen werden, die geeignet sich, bestehende ökonomische Fehlanreize zu beseitigen und ineffiziente Strukturen aufzubrechen“.

Im Folgenden werden verschiedene Sparmaßnahmen vorgeschlagen – bei Krankenhäusern, bei Honoraren für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, der Pharmaindustrie sowie bei Heil- und Hilfsmitteln. Außerdem solle die Politik wieder zur „einnahmenorientierten Ausgabenpolitik“ zurückkehren – also nur die Kostensteigerungen sollten übernommen werden, die von der Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen auch gedeckt sind. Diesen Vorschlag hatte der GKV-Spitzenverband bereits Anfang September artikuliert und war auf deutlichen Widerstand in der Ärzteschaft gestoßen.

Den aktuellen Vorschlägen zufolge soll bei den niedergelassenen Ärzten die Entbudgetierung der haus- und kinderärztlichen Leistungen wieder zurück genommen werden. „Eine Verbesserung der Versorgung kann nicht festgestellt werden“, so der Verband.

Ein Einsparpotential von rund 680 Millionen Euro wird hier gesehen. Auch durch die Streichung von Regelungen zur schnelleren Terminvergabe von Facharztterminen geht der GKV-Spitzenverband von jährlichen Einsparungen in Höhe von 820 Millionen Euro aus. Es handele sich um „ausschließliche Mitnahmeeffekte für Vertragsärzte“, von einer Streichung sei „keine nachteiligen Auswirkungen auf die Versorgungsqualität“ erwartbar.

Bei der Finanzierung der Krankenhäuser forderte der Verband unter anderem, die derzeit unbegrenzten Ausgaben für die Pflege in den Kliniken wieder zu deckeln. Auch die jährlichen Tarifsteigerungen sollten nicht mehr eins zu eins an die Kassen durchgereicht werden dürfen. Außerdem sollen den Kassen zufolge Erprobungsstudien in den Krankenhäusern nicht mehr im bisherigen Umfang stattfinden – da nach Aussage des GKV-Spitzenverbandes oftmals keine Nutzennachweise für Leistungen erbracht werden.

Bei den Arzneimitteln wollen die Kassen dem Bericht nach die Preisregulierung verschärfen und den Zwangsrabatt der Pharmaindustrie an die gesetzliche Krankenversicherung erhöhen. Mit einer reduzierten Umsatzsteuer auf Arzneimittel ließen sich zusätzlich jährlich sechs Milliarden Euro sparen, hieß es.

In den Versorgungsbereichen der Heil- und Hilfsmittel solle es eine Festsetzung von Festbeträgen geben. Damit ließen sich rund 500 Millionen Euro sparen. Auch ein ermäßigter Umsatzsteuersatz wird hier vorgeschlagen.

Neben den verschiedenen Bereichen der Versorgung sieht der GKV-Spitzenverband auch den Staat in der Pflicht, einige Ausgaben der Krankenkassen aus Steuern zu finanzieren. Dabei geht es vor allem um die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld, für die kostendeckende Beiträge gezahlt werden sollen. Hier würden die Einsparungen für die GKV um etwa zehn Milliarden Euro liegen. Derzeit hat der Verband erste Klagen gegen entsprechende Bescheide vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingereicht.

Zudem wird gefordert, die Ausbildungskosten für Gesundheitsberufe vollständig aus Steuermitteln zu bezahlen – nicht wie derzeit auch aus der Pflegeversicherung. Zusätzlich soll auch der Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds steigen: Dieser liegt ungeachtet der Kostensteigerungen seit 2017 bei 14,5 Milliarden Euro.

Dies ist der größte Posten im Haushalt des Bundesgesundheitsministeriums. „Aufgrund der fehlenden Dynamisierung des Zahlbetrags unterliegt die Bundesbeteiligung einer stetigen Realwertminderung“, schreibt der Verband. Schon im Jahr 2023 hätte bei einer „sachgerechten Dynamisierung“ der Betrag bei 18,5 Milliarden Euro liegen müssen.

bee

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