Weiter Streit um Notfallversorgung
Berlin – Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) streiten weiter um die Notfallversorgung. Jüngster Anlass sind Äußerungen des KBV-Chefs Andreas Gassen in einem Interview auf KV.on im Nachgang der KBV-Vertreterversammlung (KBV-VV). Die Delegierten hatten sich dafür ausgesprochen, den niedergelassenen Bereitschaftsdienst durch die Möglichkeit eines multimedialen Zugangs für Patienten weiterzuentwickeln. „Denkbar wären mehr Informationen online oder auch per App sowie ein Ausbau der qualifizierten Einschätzung per Telefon“, hieß es aus der KBV.
Gassen erklärte heute im Interview, es sei „nicht zielführend“ und eine „Vergeudung von Ressourcen“, wie das Thema Notfall derzeit abgearbeitet werde. Der falsche Ansatz sei es aber, wie die DKG lediglich nach mehr Geld zu rufen. Es gehe darum, den Patienten mehr zu unterstützen, so Gassen. „Wir streben eigentlich an, dass es für Patienten eine einheitliche Anlaufstelle gibt“, erläuterte er. Sei ein Patient der Meinung, es liege ein Notfall vor, könne er sich dort melden. In dem Erstkontakt solle geklärt werden, welche Versorgung für den Patienten die beste sei, so Gassen. „In sehr vielen Fällen wäre dies die Versorgung in einer vertragsärztlichen Praxis“.
Der KBV-Chef wies darauf hin, dass bekannt sei, dass viele „Notfälle“ in den Sprechstundenzeiten in den Krankenhausambulanzen landeten. In sprechstundenfreien Zeiten könnte sich ein erheblicher Teil der Patienten zum Beispiel vom ärztlichen Bereitschaftsdienst oder von Portalpraxen an Krankenhäusern behandeln lassen. „Die wenigsten brauchen einen Rettungswagen“, so Gassen.
Er mahnte erneut eine bessere Kooperation zwischen Krankenhausärzten und Niedergelassenen an. „Ohne Kooperation geht es nicht“, erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende. Das sei „schwierig mit der DKG“. Aber die vertrete auch nicht die Kollegen im Krankenhaus, sondern die Krankenhausverwaltungen, und habe daher „primär wirtschaftliche Interessen“ und erst in zweiter Linie Versorgungsaspekte im Hinterkopf.
Gassen verwies wiederholt auf das Problem einer zu hohen Krankenhausdichte. Es sei von Personal- und Hygieneproblemen in Kliniken zu hören. Die mediale Berichterstattung sei voll von vermeintlich unglücklichen Zuständen in Krankenhäusern, so Gassen. Das sei der Tatsache geschuldet, das nicht genügend ärztliches und pflegerisches Personal vorhanden sei.
Auch die Anzahl der Betten sei zu hoch. Krankenhausstrukturen, die nicht benötigt werden, könnten durch ambulante Versorgungskonzepte ersetzt werden. Er regt an, kurzstationäre Behandlungen auch durch niedergelassene Haus- und Fachärzte vorzunehmen. Das könne auch in Kooperation mit Krankenhausstrukturen bestehen (mehr dazu im Video).
Die DKG zeigt sich empört über die Äußerungen des KBV-Chefs. „Dr. Gassen hat recht! Geld muss der Leistung folgen“, erklärte sie heute. Die Leistungen bei der ambulanten Notfallversorgung wüden im Krankenhaus erbracht. „Es wird also Zeit, dass die Vergütung zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern gesteuert wird. Das KV-System ist hier dann außen vor.“
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