Wie Nervenzellen bei Prionenerkrankungen geschädigt werden

Boston – Der Nervenzelltod bei Prionenerkrankungen könnte entscheidend durch einen molekularen Switch bedingt sein, der durch die beiden Enden des Prion-Proteins gesteuert wird. In eLife berichten Wissenschaftler der Boston University School of Medicine um David Harris (2017; doi: 10.7554/eLife.23473).
Prion-Proteine sind ein physiologischer Bestandteil der Zellmembran. In der gesunden Wildtyp-Variante sind sie ungefährlich. Problematisch wird es, wenn sie ihre Sekundär- und Tertiärstruktur zu einer pathogenen Variante des Proteins umändern. Die pathogene Variante ist über noch nicht vollständig geklärte Mechanismen in der Lage, ihre Form anderen Prion-Proteinen aufzuzwingen. Die pathogenen Prion-Proteine können durch Proteasen nicht mehr gespalten werden und akkumulieren im Hirngewebe in Form von Amyloid. Das Hirngewebe geht infolge der Kettenreaktion unter. Die häufigste klinische Erscheinung dieser Reaktion ist die Creutzfeld-Jakob-Erkrankung. Prionenerkrankungen sind bei Übertragung kontaminierten Materials ansteckend.
Hinweise bei Parkinson und Alzheimer
Darüber hinaus gibt es jedoch Hinweise, dass diese Reaktionen auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer und Chorea Huntington eine Rolle spielen. Bei Alzheimer konnten Forscher nachweisen, dass Amyloid-Beta in seiner akkumulierten Form auch eine Zusammenlagerung weiterer Amyloid-Proteine begünstigt. Neben dieser Parallele zu der klassischen Prionenreaktion gibt es Hinweise, dass das Prion-Protein selbst an der Pathogenese beteiligt ist. Aus diesem Grund sind beispielsweise Patienten mit einer Alzheimerdemenz von einer Hornhautspende ausgeschlossen, da eine Übertragung von infektiös wirksamen Prion-Proteinen möglich erscheint.
Das Prion-Protein (PrP), welches im Rahmen dieser Studie untersucht wurde, war das erste Protein, das mit dieser spezifischen Eigenschaft beschrieben wurde. Wie genau PrP in seiner pathologischen Variante zum Nervenzellschaden führt, ist bisher laut den Forschern noch nicht geklärt.
Über elektrophysiologische Untersuchungen, zellulär basierte und biophysikalische Methoden konnten die Forscher nachweisen, dass das N-terminale Ende von PrP toxische Effekte auf Nervenzellen ausübte. Demgegenüber fungierte das C-terminale Ende wie eine Bremse für diese toxische Funktion. Die Forscher konnten durch spezielle Liganden für jeweils eines dieser Enden von PrP eine toxische oder protektive Funktion induzieren. Insbesondere Antikörper gegen das C-terminale Ende verstärkten die toxische Funktion des Proteins deutlich.
Durch ihre Versuche konnten die Forscher nachweisen, dass PrP abhängig von seinem wirksamen Ende toxische oder protektive Funktionen aufweist. Bei der Entwicklung von Therapiemöglichkeiten könnte dies eine entscheidende Rolle spielen, da beispielsweise Antikörpertherapien, die sich gegen das C-terminale Ende von PrP richten, die Prionenreaktion sogar verschlimmern könnten, hieß es aus der Gruppe.
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