Politik

Zustimmung für Schäubles Vorstoß für mehr Corona-­Parlamentsrechte

  • Donnerstag, 22. Oktober 2020
/picture alliance, Britta Pedersen
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Berlin – Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bekommt für seinen Vorstoß zur stärkeren Beteiligung des Parlaments an Coronaentscheidungen Zustimmung von den kleineren Fraktionen.

„Das mindert und mildert die Probleme“, sagte der erste parlamentarische Geschäfts­führer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, in Berlin. Sein Kollege Jan Korte von der Linken sagte: „Ich sehe fast alle unsere Forderungen bestätigt.“

Schäuble hatte mithilfe des Wissenschaftlichen Dienstes Vorschläge gemacht, wie der Bundestag stärker an Entscheidungen über Maßnahmen zum Eindämmen der Corona­pandemie mitwirken kann.

Allerdings hatte der Bundestag selbst im März mit dem Feststellen der „epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“ der Bundesregierung die Möglichkeit gegeben, diese Entscheidungen im Alleingang ohne Zustimmung des Parlaments zu treffen.

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes sieht vor, „konkrete Ermächtigungsgrund­lagen für besonders eingriffsintensive und streuweite Maßnahmen“ zu schaffen. So würde eine echte Beschränkung der Eingriffsbefugnisse erfolgen.

Maßnahmen gegen die Pan­demie sollten befristet und Rechtsverordnungen der Regie­rung unter einen Zustim­mungs­vorbehalt des Bundestages gestellt werden. Alternativ sollte dieser solche Rechtsverordnungen aufheben können. Auch sollte es eine Pflicht zur Unterrichtung durch die Bundesregierung geben.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: „Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die getroffenen Maßnahmen trägt uns durch diese Krise. Dieses Vertrauen darf nicht verspielt werden durch unterschiedliche, nur zum Teil nachvollziehbare Maßnah­men und hektisches Agieren, durch Verhandlungen hinter verschlossenen Türen.“ Nötig seien wieder mehr öffentliche Debatten in den Parlamenten im Bund und in den Ländern.

Der FDP-Politiker Buschmann forderte, auch die „epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“ wieder aufzuheben. Dies hatte die FDP schon beantragt, aber keine Mehrheit dafür gefunden. Würden damit die Coronasondervollmachten für die Regierung wieder abgeschafft, „dann wäre es eine runde Sache und ergäbe ein vollständiges Paket“.

Die aktuelle verfassungsrechtliche Kritik am Coronaregelwerk ist nach Auffassung des Frankfurter Rechtswissenschaftlers Georg Hermes teilweise übertrieben. „Das scheint mir ein Sturm im Wasserglas zu sein“, sagte der Professor der Goethe-Universität.

Laut Artikel 80 des Grundgesetzes müssten wesentliche Fragen per Gesetz geregelt werden, die Details dürfen Regierungen jedoch per Verordnung vorgeben. In der Corona­pandemie betrifft dies das Infektionsschutzgesetz, das ein Bundesgesetz ist.

„Gerade in der konkreten Situation muss zeitlich kurzfristig auf das Geschehen reagiert werden“, betonte Hermes. Daher seien Verordnungen sinnvoll, ein Gesetzgebungs­verfahren würde in der Pandemie womöglich zu lange dauern. „Die Parlamente sind bei kurzfristigem, dringendem Handlungsbedarf nicht die adäquaten Akteure.“ Allerdings seien sie auch nicht außen vor, betonte Hermes.

Es sei beispielsweise den Fraktionen im Bundestag jederzeit möglich, eigene Entwürfe für eine Novelle des Infektionsschutzgesetzes vorzulegen. Auch die Länder seien befugt, Regeln auf der Grundlage eines Bundesgesetzes per Gesetz umzusetzen.

SPD für kurzfristige Gesetzesänderungen

Die SPD-Bundestagsfraktion strebt baldige Gesetzesänderungen an, um das Parlament stärker an den Corona-Entscheidungen zu beteiligen. „Wir wollen sicherstellen, dass der Bundestag bei den wesentlichen Entscheidungen das letzte Wort hat und dass die Befugnisse für die Regierung zum Erlass von Verordnungen bestimmt genug sind“, sagte der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner der Welt. „Darüber diskutieren wir gerade intensiv auch mit dem Koalitionspartner und wollen zeitnah zu Gesetzesänderungen kommen.“

Konkret wolle man „Standardmaßnahmen wie Maskenpflicht oder Sperrstunde im Infektionsschutzgesetz verankern, damit es für die Länder einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen gibt“, sagte Fechner.

Außerdem solle „klar festgelegt werden, welche Bedingungen vorliegen müssen, damit die Standardmaßnahmen überhaupt ergriffen werden können“. Generell wolle man „einen Parlamentsvorbehalt bei allen Entscheidungen, die die Grundrechte wesentlich beeinträchtigen“.

dpa

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