Energiekosten für Krankenhäuser: Länder rufen Bund zum Handeln auf
Berlin – Das Entlastungspaket der Bundesregierung hält keine konkreten Hilfen für Krankenhäuser und Arztpraxen bereit, um die steigenden Energiekosten und die Inflation abzufedern. Das macht den Betroffenen große Sorgen. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) rief den Bund gestern in München auf, Abhilfe zu schaffen.
Die GMK verlangte bei dem Treffen, auf dem die finanzielle Lage der Krankenhäuser thematisiert worden war, konkret von der Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP Nachbesserungen beim Entlastungspaket. Das soll in den kommenden Tagen mit den Ländern diskutiert werden.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek betonte, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) habe der GMK „ drastisch vor Augen geführt“, dass angesichts steigender Energiekosten nicht nur auf die Bürger, sondern auch auf die Gesundheitseinrichtungen und Kliniken „massive Mehrkosten“ zukämen.
Die Häuser könnten kurzfristig kaum Gas oder Strom einsparen und so träfen sie die Preissteigerungen extrem. „Teils vervierfachen sich die Energiekosten der Kliniken – wir sprechen dabei immer sofort von Mehrkosten in Millionenhöhe, die nicht refinanziert sind“, sagte der CSU-Politiker.
Holetschek machte deutlich, dass viele Kliniken nach zwei Jahren Pandemie kaum noch Reserven haben. Die Mehrheit befürchte für das kommende Jahr rote Zahlen. Bis zu neun Milliarden Euro könnten den Kliniken nach Angaben der DKG fehlen.
„Leider hat der Bund die Krankenhäuser und Einrichtungen der Pflege und Reha beim Entlastungspaket nicht bedacht. Ich fordere hier dringend Nachbesserungen“, erklärte er. „Die Bundesregierung muss einen Schutzschirm spannen, damit keine Einrichtung wegen massiver Mehrkosten etwa im Energiebereich schließen muss.“
Der CSU-Politiker beklagte auch, dass bei der GMK von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) keine konkreten Signale gekommen seien, dass sich etwas bewegen solle. „Natürlich soll nichts übers Knie gebrochen werden, aber klar ist: Wir können uns kein Zaudern leisten! Die Zeit drängt, schnelle Entscheidungen sind jetzt essentiell – sonst fährt das System vor die Wand!“
Es ist nicht das erste Mal, dass die GMK den Bund aufruft, Hilfestellung für die Kliniken zu leisten. Schon im Juni hatte das Gremium in Magdeburg einen einstimmigen Beschluss gefasst, in dem das Bundesgesundheitsministerium gebeten worden zu prüfen, wie unter anderem Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen kurzfristig von den gestiegenen Mehrkosten entlastet werden können.
Debatte in Brandenburg
Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) schloss sich der Bewertung an. „Die Existenz vieler Krankenhäuser ist durch die immer schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen bedroht“, sagte sie heute. Die Pandemie habe Krankenhäuser vor existenzielle Probleme gestellt, die durch Inflation und steigende Energiepreise weiter verschärft würden.
Das Auslaufen der Ausgleichszahlungen und des Versorgungsaufschlages stellt die Häuser nach Ansicht von Nonnemacher vor große finanzielle Herausforderungen. Darüber hinaus könnten Krankenhäuser aufgrund der bestehenden Finanzierungssystematik die inflationsbedingten Preisanstiege nicht weitergeben, wie es in der Wirtschaft der Fall sei.
„Deshalb fordere ich vom Bund, schnell Finanzhilfen für die Krankenhäuser bereitzustellen. Drohende Insolvenzen müssen abgewehrt werden. Der Wegfall von Krankenhausstandorten wäre für die Gesundheitsversorgung gerade im ländlichen Raum fatal“, erklärte sie.
Brandenburgs Landesregierung prüft aktuell zusätzliche Hilfen im Rahmen des Coronarettungsschirms für Kliniken. Ein Hilfsprogramm mit einem Volumen von mindestens 50 Millionen Euro wird derzeit vorbereitet. Die Landesmittel stellen einen einmaligen Zuschuss für coronabedingte investive Mehrausgaben der Brandenburger Krankenhäuser dar.
Die Krankenhäuser in Brandenburg verdeutlichten heute ihre Lage. „Wir rechnen mit 45 Prozent Anstieg der Energiekosten“, sagte der Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg (LKB), Michael Jacob, mit Blick auf dieses Jahr. Im kommenden Jahr könnte der Anstieg bis zu 140 Prozent betragen.
„Wenn wir jetzt gar nichts tun und alles weiterlaufen lassen, kann es in diesem Jahr noch zur Ankündigung von Insolvenzen kommen“, sagte Jacob. Neben Preissteigerungen für Energie werden nach Angaben der Gesellschaft auch Medizinprodukte und Dienstleistungen teurer. Die Krankenhäuser könnten die gestiegenen Kosten aber nicht einfach weitergeben, weil es ein Vergütungssystem mit Fallpauschalen gibt.
Für Patientinnen und Patienten würden die Kostensteigerungen noch nicht spürbar, sagte Jacob. Wie die Krankenhäuser auf die gestiegenen Preise reagieren, hänge davon ab, wie sie aufgestellt seien, ob ein Träger Geld zuschießen könne und eine Klinik unter Personalknappheit leide. In Potsdam gab es heute eine Protestkundgebung.
Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KV Brandenburg) mahnte heute an, neben den Kliniken auch die ambulante Versorgung nicht zu vergessen. Man forderte „entsprechende Finanzhilfen auch für die Arzt- und Psychotherapiepraxen“, hieß es heute von der KV. Denn viele Argumente würden ebenso für die Praxen gelten.
So sei die Existenz vieler Praxen durch die immer schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen bedroht. Seit Beginn der Pandemie arbeiteten viele Praxen am Limit – oder sogar darüber hinaus. In viele Praxen habe es – und gebe es – Personalausfälle, die die ambulante Versorgung vor große Herausforderungen stelle.
Die KV betonte, dass sich die Lage in den Praxen durch die Inflation und die steigenden Energiepreise ebenso verschärfe. „Die Praxen können inflationsbedingten Preisanstiege nicht weitergeben, wie es in der Wirtschaft der Fall ist“, so die KV. Bund und Land müssten kurzfristig Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherung der Praxen ergreifen. Beide dürften sich nicht der Verantwortung entziehen.
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