Haushalt: Streit um Energiekrise, Debatte um Gesundheitsetat folgt

Berlin – Im Bundestag ist Haushaltswoche. Morgen wird der Einzelplan 15, der Etat des Bundesministeriums für Gesundheit, beraten. Heute gab es eine Generalabrechnung zwischen Regierung und Opposition. Es ging wie schon beim Entlastungspaket nicht um das Gesundheitswesen, aber um Klimafragen und Atomkraft.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) lieferten sich im Parlament einen scharfen Schlagabtausch über die richtigen Reaktionen auf die steigenden Energiepreise, die ganz erheblich die Krankenhäuser belasten. Die Kliniken und auch die Gesundheitsminister der Länder hatten den Bund zuletzt aufgerufen, für Abhilfe zu sorgen.
Scholz, der seine Reden häufig abliest, legte das Manuskript diesmal beiseite und redete frei. Er hielt der Union immer wieder schwere Versäumnisse in der Regierungszeit der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor. Dabei ging es unter anderem darum, dass Union – allen voran die CSU – den Umstieg auf alternative Energien nicht ernsthaft vorangetrieben haben.
Gleichzeitig bekräftigte er sein Vertrauen in den Zusammenhalt der Gesellschaft und in die Fähigkeit, diese Krise zu meistern, „In schweren Zeiten wächst unser Land über sich selbst hinaus. Wir haben eine gute Tradition, uns unterzuhaken, wenn es schwierig wird“, sagte er.
Zum Auftakt der Generaldebatte hatte Merz den Kanzler scharf angegriffen. In einer Art Generalabrechnung hielt er Scholz wirtschaftspolitisches Versagen im Umgang mit der Krise vor. Scholz und der Ampelregierung fehle jeder Kompass. Die Entscheidungen der Regierung zur Unterstützung der Bürger seien ein „Sammelsurium an Kompromissen auf dem Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners“.
Merz kritisierte auch den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegten und von Scholz gestützten Plan, die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland im nächsten Jahr nicht im Normalbetrieb weiterlaufen zu lassen. „Stoppen Sie diesen Irrsinn“, rief Merz. Mit der Entscheidung werde der Wirtschaftsstandort Deutschland möglicherweise unwiderruflich geschädigt.
Scholz hielt Merz entgegen, man sei derzeit in einer Situation, „in der die Union die meisten Probleme schon als gelöst vorgefunden hat, bevor sie sie überhaupt erörtert hat“. Während CDU-geführte Ministerien es nicht problematisch gefunden hätten, dass die Gasspeicher im vergangenen Jahr leer gewesen seien, habe die Ampel dafür gesorgt, dass sich das ändere.
An Merz gewandt sagte Scholz: „Sie reden einfach am Thema und an den Problemen dieses Landes vorbei. Und das ist wirklich ein ganz, ganz großes Problem.“ Der Kanzler ergänzte: „Und wenn andere die Probleme lösen, die Sie noch nicht mal erkannt haben, dann reden Sie auch noch drumrum.“
Es seien Entscheidungen getroffen und weitreichend schon umgesetzt worden, betonte Scholz. „In einem Tempo, zu dem keine CDU-geführte Regierung in diesem Land je fähig gewesen ist“, werde die Regierung es beispielsweise schaffen, dass die ersten Terminals zur Einfuhr von Flüssiggas ihren Betrieb aufnehmen würden. „Das ist eine Gemeinschaftsleistung in Deutschland.“
Scholz bekräftigte seinen Optimismus, dass Deutschland trotz der drastisch gedrosselten Gaslieferungen aus Russland über den Winter komme. „Weil wir so früh angefangen haben, als noch gar kein so großes Problembewusstsein in Deutschland da war, darum sind wir jetzt in der Lage, dass wir tapfer und mutig in diesen Winter hineingehen können“, sagte er. „Wir kommen wohl durch, trotz aller Anspannungen, durch diesen Winter.“
FDP will Schuldenbremes berücksichtigen
Bereits gestern hat das Bundesfinanzministerium bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr bekräftigt, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse müsse wieder eingehalten werden. Die Inflation und ihre Folgen seien größtes aktuelles Problem in Deutschland, sagte Finanzstaatssekretär Florian Toncar im Parlament.
Es sei „ziemlicher Konsens, dass wir heute keine expansive Fiskalpolitik mehr benötigen, sondern eine planvolle Rückkehr zu sinkenden Defiziten“, sagte er. Gleichwohl stünden Deutschland, Europa und die Welt wegen der Folgen der Coronapandemie sowie des russischen Angriffs auf die Ukraine vor einer lange nicht mehr erlebten Bewährungsprobe.
Kritik kam von der Opposition. Der CSU-Haushaltspolitiker Sebastian Brehm sprach von einer „Mogelpackung“ und warf der Bundesregierung vor: „Sie legen einen Haushalt vor, der von Anfang an nicht stimmt.“ Die Opposition attackierte im Bundestag auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) wegen der Streichung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ und die Familienpolitik der Koalition.
In der Haushaltswoche werden bis zum kommenden Freitag die Etats der einzelnen Ministerien diskutiert. Der Etat sieht Ausgaben von insgesamt 445,2 Milliarden Euro vor – deutlich weniger als in den vergangenen Jahren, als die Haushalte noch stärker von Wirtschaftshilfen in der Coronapandemie geprägt waren. Es ist das Erstlingswerk von Christian Lindner (FDP) als Finanzminister. Den Haushalt für 2022 hatte sein Vorgänger, der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), noch vorkonzipiert.
Was Lindner daran besonders wichtig ist: Trotz neuer Herausforderungen durch den Ukraine-Krieg, trotz Energiekrise, hoher Preise und Entlastungspaketen soll der Bund nicht mehr Schulden machen, als das Grundgesetz erlaubt. Das war in den vergangenen drei Jahren anders, wegen der Coronakrise hatte der Bundestag eine Ausnahmeregel der Schuldenbremse in Kraft gesetzt. Die Folge: 130,5 Milliarden Euro neue Kredite im Jahr 2020; 215,4 Milliarden Euro im Jahr 2021 und bis zu 138,9 Milliarden Euro neue Schulden in diesem Jahr.
Der Einzelplan 15 des Bundeshaushalts für das kommende Jahr umfasst Ausgaben von 22,06 Milliarden Euro. In diesem Jahr waren noch 64,36 Milliarden Euro eingeplant. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kann mit Einnahmen von 104,17 Millionen Euro rechnen (2022: 104,52 Millionen Euro).
Hauptblock sind wie in jedem Jahr die Zuweisungen und Zuschüsse des Bundes zum Gesundheitsetats. Die Mittel für den Gesundheitsfonds umfassen wie in den Vorjahren 14,5 Milliarden Euro. Dazu kommt ein ergänzender Bundeszuschuss von zwei Milliarden Euro. Neu eingestellt ist darüber hinaus ein Darlehen an den Gesundheitsfonds von einer Milliarde Euro.
Entfallen werden 2023 die Zahlungen des Bundes an den Gesundheitsfonds für Belastungen aufgrund der Coronapandemie. Das waren in diesem Jahr noch 30,03 Milliarden Euro.
Die Ausgaben für Pflegevorsorge und sonstige soziale Sicherung schlagen im kommenden Jahr mit 1,08 Milliarden Euro zu Buche (2022: 3,28 Milliarden Euro). Enthalten ist die pauschale Beteiligung des Bundes an den Aufwendungen der sozialen Pflegeversicherung in Höhe von einer Milliarde Euro.
Für Prävention und Gesundheitsverbände sind 2,59 Milliarden Euro eingestellt (2022: 9,57 Milliarden Euro). Enthalten sind Zuschüsse zur Bekämpfung des Ausbruchs des Coronavirus in Höhe von 119,4 Millionen Euro (2022: 1,9 Milliarden Euro). Die Zuschüsse zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 summieren sich auf 2,03 Milliarden Euro (2022: 7,09 Milliarden Euro).
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: