Politik

Lauterbach will Auswirkung der Krankenhaus­reformpläne prüfen lassen

  • Dienstag, 21. Februar 2023

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Folgen der bisherigen Pläne einer Kran­ken­haus­reform wissenschaftlich analysieren lassen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat dazu eine Ausschreibung ins Leben gerufen. Die Unterlagen liegen dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Demnach sollen die Auswirkungen der Empfehlungen der Krankenhauskommission auf die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen mittels Simulationen beschrieben werden. Zu berücksichtigen sei dabei, wie sich die Empfehlungen auf die Versorgungsqualität und Erreichbarkeit von Krankenhäusern aus­wirken würden.

Ziel des Auftrages ist es dem Ausschreibungspapier zufolge, eine „transparente Diskussion der Auswirkungen der Empfehlungen der Krankenhauskommission sowie der Verhandlungsergebnisse der Bund-Länder-Arbeits­gruppe zu gewährleisten“.

Insgesamt sollen fünf einzelne Simulationen bis Ende Januar 2024 erstellt werden. Die erste Simulation muss sofort nach Erteilung des Zuschlages erstellt werden und sie muss spätestens zwei Wochen nach Auftrags­er­teilung vorliegen. Die weite­ren Simulationen sollen gesondert angefordert werden und dann ebenfalls bin­nen einer Frist von zwei Wochen vorgelegt werden. Über den Zeitpunkt will das BMG die Forscher eine Woche vorher informieren.

Datentransparenz

Die Simulationen sollen ausschließlich aufgrund von Daten erfolgen, die den Ländern vorliegen oder öffent­lich zugänglich sind, heißt es weiter. Insbesondere seien Daten aus den Qualitätsberichten der Kranken­häuser sowie Daten des Statistischen Bundesamtes zu verwenden. Die Grundannahmen der Simulationen sollten „nachvollziehbar“ dargestellt werden.

In einer ersten Simulation soll nach den Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums aus der Kombination von zugänglichen Datenquellen für jeden Krankenhausstandort eine Schätzung der Fallzahl pro Leistungs­gruppe abgeleitet werden.

Dies habe zum einen auf der Basis der von der Krankenhauskommission vorgegebenen Strukturmerkmale für die Le­vel von Krankenhäusern zu erfolgen. Dazu sollen Leistungsgruppen, wie sie zum Beispiel derzeit im Krankenhausplan von Nordrhein-Westfalen (NRW) verwendet werden, hinzugezogen werden.

Einbezogen werden soll bei der Analyse auch das Notfallstufenkonzept des Gemeinsamen Bundesausschus­ses (G-BA). Das gelte hinsichtlich der Art und Anzahl der Fachabteilungen, der Anzahl und der Qualifikation des vorzuhaltenden Fachpersonals und des zeitlichen Umfangs der Bereitstellung von Notfallleistungen, schreibt das BMG. Die Abschätzung sei einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen, die nachzuweisen sei.

Die vier weiteren Simulationen sollen um weitere Strukturparameter und um die Ausweitung von Leistungs­gruppen ergänzt werden. Das sei abhängig vom Diskussionsstand der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, heißt es.

Sollten aufgrund der vorgegebenen Strukturmerkmale für die Level von Krankenhäusern bestimmte Kran­ken­häuser Leistungen nicht mehr anbieten können, soll in einem Modell berechnet werden, wie die Verteilung der Patienten erfolgt.

Grundlage sind Pläne der Krankenhauskommission

Hintergrund des Auftrags sind die Pläne Lauterbachs für eine große Krankenhausreform. Dafür hatte die 17-köpfige „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ am 6. De­zem­­ber des vergangenen Jahres Vorschläge vorgelegt, die bei den Bundesländern und den Kliniken auf hefti­ge Kritik gestoßen waren.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte die Folgen ihrerseits analysieren lassen. Ergebnis: Die Kliniklandschaft würde erheblich verändert. Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen haben eigene Gutachten vorgelegt, die erhebliche Auswirkungen aufzeigen.

Im Einzelnen empfiehlt die Regierungskommission neben der fallab­hängigen Vergütung durch diagnose­bezo­gene Fall­pauschalen (DRG) eine Vergütung von Vorhalteleistungen. Damit solle „wirtschaftlicher Druck von den Einrich­tungen genommen werden“.

Darüber hinaus sollen Krankenhäuser in drei konkrete Level eingeordnet und entsprechend vergütet werden. Es soll die Kategorie Grundversorgung (medizinisch und pflegerische Basisversorgung, zum Beispiel grund­legende chirurgische Eingriffe und Notfälle“ (Level I)), die Regel- und Schwerpunktversorgung (Krankenhäu­ser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten (Level II)) und Maximalversor­gung (zum Beispiel Universitätskliniken (Level III) geben.

Für jedes Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gelten. „Damit würden erstmals einheitliche Stan­dards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten – und damit die Behandlungs­qualität für die Patientinnen und Patienten maßgeblich erhöht werden“, schreibt das Ministerium in den Ausschreibungsunterlagen.

Den Krankenhäusern des Levels I soll dem BMG nach „eine besondere Bedeutung zugemessen“ werden. Diese müssten flächendeckend eine wohnortnahe Versorgung garantieren, heißt es. Sie sollen daher nochmals un­ter­teilt werden.

Geben soll es Kranken­häuser, die die Notfallversorgung sicherstellen (Level I n), und solche, die eine inte­grierte ambu­lant/stationäre Versor­gung (Level I i) anbieten. „Krankenhäusern des Levels I i soll eine Schlüssel­rolle auf dem Weg zur Überwindung der zu häufig noch stationärer-ambulant getrennten Gesundheitsver­sor­gung zukom­men“, erklärt das BMG weiter.

Deshalb empfehle die Regierungskommission, diese sektorenübergreifend regional zu planen, sie vollständig
aus dem DRG-System herauszunehmen und über Tagespauschalen zu vergüten. Zudem soll durch entspre­chen­­de gesetzliche Änderungen ermöglicht werden, dass sie unter pflegerischer Leitung stehen könnten.

Darüber hinaus ist geplant, die bisherige Zuweisung von an der ärztlichen Weiterbildung orientierten Fach­abteilungen (wie etwa „Innere Medizin“) durch 128 genauer definierte Leistungsgruppen abzulösen (etwa „Kardiologie“).

„Derzeit behandeln Krankenhäuser gewisse Fälle zu häufig auch ohne passende personelle und technische Ausstattung, etwa Herzinfarkte ohne Linksherzkatheter, Schlaganfälle ohne Stroke Unit oder onkologische Erkrankungen ohne zertifiziertes Krebszentrum“, begründet das Ministerium.

Behandlungen sollten künftig daher nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die ent­­sprechende Leistungsgruppe zugeteilt worden ist. Voraussetzung für die Zuteilung sei die Erfüllung genau definierter Strukturvoraussetzungen für die jeweilige Leistungsgruppe – etwa bezüglich personeller und ap­parativer Ausstattung.

Je nach Komplexität wird den Plänen nach für jede Leistungsgruppe festgelegt, ob sie an Krankenhäusern aller drei Level erbracht werden darf oder nur an Krankenhäusern höherer Level (II und III oder nur III). „Die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten wird so maßgeblich verbessert. Für jede Leistungs­gruppe wird ein Vorhalteanteil festgelegt“, erläutert das Ministerium.

Bis wann das Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Ausschreibung vergeben will, ist dem Papier nicht zu entnehmen.

may

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