Lauterbach will Auswirkung der Krankenhausreformpläne prüfen lassen
Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Folgen der bisherigen Pläne einer Krankenhausreform wissenschaftlich analysieren lassen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat dazu eine Ausschreibung ins Leben gerufen. Die Unterlagen liegen dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Demnach sollen die Auswirkungen der Empfehlungen der Krankenhauskommission auf die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen mittels Simulationen beschrieben werden. Zu berücksichtigen sei dabei, wie sich die Empfehlungen auf die Versorgungsqualität und Erreichbarkeit von Krankenhäusern auswirken würden.
Ziel des Auftrages ist es dem Ausschreibungspapier zufolge, eine „transparente Diskussion der Auswirkungen der Empfehlungen der Krankenhauskommission sowie der Verhandlungsergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu gewährleisten“.
Insgesamt sollen fünf einzelne Simulationen bis Ende Januar 2024 erstellt werden. Die erste Simulation muss sofort nach Erteilung des Zuschlages erstellt werden und sie muss spätestens zwei Wochen nach Auftragserteilung vorliegen. Die weiteren Simulationen sollen gesondert angefordert werden und dann ebenfalls binnen einer Frist von zwei Wochen vorgelegt werden. Über den Zeitpunkt will das BMG die Forscher eine Woche vorher informieren.
Datentransparenz
Die Simulationen sollen ausschließlich aufgrund von Daten erfolgen, die den Ländern vorliegen oder öffentlich zugänglich sind, heißt es weiter. Insbesondere seien Daten aus den Qualitätsberichten der Krankenhäuser sowie Daten des Statistischen Bundesamtes zu verwenden. Die Grundannahmen der Simulationen sollten „nachvollziehbar“ dargestellt werden.
In einer ersten Simulation soll nach den Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums aus der Kombination von zugänglichen Datenquellen für jeden Krankenhausstandort eine Schätzung der Fallzahl pro Leistungsgruppe abgeleitet werden.
Dies habe zum einen auf der Basis der von der Krankenhauskommission vorgegebenen Strukturmerkmale für die Level von Krankenhäusern zu erfolgen. Dazu sollen Leistungsgruppen, wie sie zum Beispiel derzeit im Krankenhausplan von Nordrhein-Westfalen (NRW) verwendet werden, hinzugezogen werden.
Einbezogen werden soll bei der Analyse auch das Notfallstufenkonzept des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Das gelte hinsichtlich der Art und Anzahl der Fachabteilungen, der Anzahl und der Qualifikation des vorzuhaltenden Fachpersonals und des zeitlichen Umfangs der Bereitstellung von Notfallleistungen, schreibt das BMG. Die Abschätzung sei einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen, die nachzuweisen sei.
Die vier weiteren Simulationen sollen um weitere Strukturparameter und um die Ausweitung von Leistungsgruppen ergänzt werden. Das sei abhängig vom Diskussionsstand der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, heißt es.
Sollten aufgrund der vorgegebenen Strukturmerkmale für die Level von Krankenhäusern bestimmte Krankenhäuser Leistungen nicht mehr anbieten können, soll in einem Modell berechnet werden, wie die Verteilung der Patienten erfolgt.
Grundlage sind Pläne der Krankenhauskommission
Hintergrund des Auftrags sind die Pläne Lauterbachs für eine große Krankenhausreform. Dafür hatte die 17-köpfige „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ am 6. Dezember des vergangenen Jahres Vorschläge vorgelegt, die bei den Bundesländern und den Kliniken auf heftige Kritik gestoßen waren.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte die Folgen ihrerseits analysieren lassen. Ergebnis: Die Kliniklandschaft würde erheblich verändert. Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen haben eigene Gutachten vorgelegt, die erhebliche Auswirkungen aufzeigen.
Im Einzelnen empfiehlt die Regierungskommission neben der fallabhängigen Vergütung durch diagnosebezogene Fallpauschalen (DRG) eine Vergütung von Vorhalteleistungen. Damit solle „wirtschaftlicher Druck von den Einrichtungen genommen werden“.
Darüber hinaus sollen Krankenhäuser in drei konkrete Level eingeordnet und entsprechend vergütet werden. Es soll die Kategorie Grundversorgung (medizinisch und pflegerische Basisversorgung, zum Beispiel grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle“ (Level I)), die Regel- und Schwerpunktversorgung (Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten (Level II)) und Maximalversorgung (zum Beispiel Universitätskliniken (Level III) geben.
Für jedes Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gelten. „Damit würden erstmals einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten – und damit die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten maßgeblich erhöht werden“, schreibt das Ministerium in den Ausschreibungsunterlagen.
Den Krankenhäusern des Levels I soll dem BMG nach „eine besondere Bedeutung zugemessen“ werden. Diese müssten flächendeckend eine wohnortnahe Versorgung garantieren, heißt es. Sie sollen daher nochmals unterteilt werden.
Geben soll es Krankenhäuser, die die Notfallversorgung sicherstellen (Level I n), und solche, die eine integrierte ambulant/stationäre Versorgung (Level I i) anbieten. „Krankenhäusern des Levels I i soll eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Überwindung der zu häufig noch stationärer-ambulant getrennten Gesundheitsversorgung zukommen“, erklärt das BMG weiter.
Deshalb empfehle die Regierungskommission, diese sektorenübergreifend regional zu planen, sie vollständig
aus dem DRG-System herauszunehmen und über Tagespauschalen zu vergüten. Zudem soll durch entsprechende gesetzliche Änderungen ermöglicht werden, dass sie unter pflegerischer Leitung stehen könnten.
Darüber hinaus ist geplant, die bisherige Zuweisung von an der ärztlichen Weiterbildung orientierten Fachabteilungen (wie etwa „Innere Medizin“) durch 128 genauer definierte Leistungsgruppen abzulösen (etwa „Kardiologie“).
„Derzeit behandeln Krankenhäuser gewisse Fälle zu häufig auch ohne passende personelle und technische Ausstattung, etwa Herzinfarkte ohne Linksherzkatheter, Schlaganfälle ohne Stroke Unit oder onkologische Erkrankungen ohne zertifiziertes Krebszentrum“, begründet das Ministerium.
Behandlungen sollten künftig daher nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt worden ist. Voraussetzung für die Zuteilung sei die Erfüllung genau definierter Strukturvoraussetzungen für die jeweilige Leistungsgruppe – etwa bezüglich personeller und apparativer Ausstattung.
Je nach Komplexität wird den Plänen nach für jede Leistungsgruppe festgelegt, ob sie an Krankenhäusern aller drei Level erbracht werden darf oder nur an Krankenhäusern höherer Level (II und III oder nur III). „Die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten wird so maßgeblich verbessert. Für jede Leistungsgruppe wird ein Vorhalteanteil festgelegt“, erläutert das Ministerium.
Bis wann das Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Ausschreibung vergeben will, ist dem Papier nicht zu entnehmen.
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