Ärzteschaft

Verpflichtende Einführung der ärztlichen Personalbemessung gefordert

  • Mittwoch, 11. Oktober 2023
/Iryna, stock.adobe.com
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Wiesbaden – Das ärztliche Personalbemessungsinstrument der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK) sollte ver­pflich­tend im Rahmen der Krankenhausreform eingeführt werden. Das forderte Susanne Johna, erste Vorsit­zende des Marburger Bundes (MB) und BÄK-Vorstandsmitglied, gestern Abend bei einer Onlineveranstaltung des MB.

Das Instrument der BÄK soll fachübergreifend für eine bessere Personalplanung aller Ärzte im Krankenhaus dienen. Dabei werden nicht nur Tätigkeiten der direkten Patientenversorgung miteinbezogen, sondern auch 105 weitere Aufgaben wie Führung, Weiterbildung, Dokumentation und Qualitätssicherung sowie Administra­tion.

Zudem wurden 23 Patientengruppen identifiziert, die einen erhöhten ärztlichen Zeitaufwand benötigen, da­runter multimorbide oder geriatrische Patienten, Kinder, Menschen mit Suchterkrankungen, Betreuungs­bedarf oder Sprachbarrieren, erklärte Johna. Insgesamt könne so ermittelt werden, wie viel ärztliches Personal für eine Abteilung benötigt werde.

Um das Instrument in einer Abteilung einzurichten, brauche es einmalig etwa acht bis zehn Stunden, erklärte Johna. Diese Zeit werde benötigt, um verschiedene Tabellen und Angaben zur Abteilung auszufüllen. Dies sei notwendig, um den jeweiligen Personalbedarf an Vollzeitkräften ermitteln zu können. Mit diesem Instrument könnten Ärztinnen und Ärzte auf valider Basis sagen, dass mehr Personal benötigt werde, so Johna.

Aktuell befindet sich das Tool in der zweiten Pretestphase, erklärte Johna weiter. Einige Berufsverbän­de und Fachgesellschaften seien bereits bei der Erarbeitung einbezogen worden. Aktuell sei man in Gesprä­chen mit der Kinder- und Jugendmedizin und Gynäkologie, um bestimmte Besonderheiten abbilden zu können. „Wir sind intensiv in der Vorbereitung eines hoffentlich stattfindenden Rollouts“, betonte Johna.

Die richtige Lösung wäre es in Johnas Augen demnach, das System als verpflichtendes Instrument gemeinsam mit der Krankenhausreform einzuführen. Damit wäre aber auch eine entsprechende Gegenfinanzierung des ärztlichen Personals nötig, also die Herausnahme der Finanzierung des ärztlichen Personals aus den diagno­se­bezogenen Fallpauschalen (DRG), wie es bereits bei den Pflegepersonalkosten geschehen ist.

Sorge vor Planwirtschaft

Auch der Vorsitzende der Geschäftsführung am Klinikum Darmstadt, Clemens Maurer, schlug vor, das Instru­ment mit den geplanten Leistungsgruppen zu kombinieren. Allerdings geht er davon aus, dass es zu erhebli­chen Konzentrationsprozessen kommen werde, da es derzeit nicht ausreichend Ärzte gebe.

Er zeigte sich bereit, die Einführung des Instruments bei sich im Klinikum zu diskutieren. Das Personalbe­mess­ungsinstrument sei sinnvoll, wenn es objektiv aufzeigen könne, welche Zeit etwa für die Patientenver­sorgung und andere Aufgaben verwendet werde, so Maurer. Er sorgt sich allerdings auch vor zu großer Plan­wirtschaft, wenn darüber hinaus weitere Berufsgruppen im Krankenhaus durchgeplant würden.

Maurer betonte allerdings auch, dass Krankenhäuser das Instrument nur verwenden werden, wenn es ver­pflichtend sei und es an die Finanzierung gekoppelt werde. „Ich gehe nur dann mit Sozialgeldern wirtschaft­lich um, wenn ich einen ökonomischen Druck habe, das auch zu tun“, sagte Maurer.

Das Instrument werde insbesondere auch im Hinblick auf die Strukturkriterien der Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen (NRW) benötigt, die zunächst als bundesweite Blaupause für die Krankenhausreform genutzt werden sollen, betonte Johna. Diese Regelung ist in einem ersten Arbeitsentwurf eines Krankenhaus­versorgungs­verbesserungsgesetz vorgesehen.

Die ärztlichen Personalvorgaben in den NRW-Leistungsgruppen seien aber deutlich zu niedrig angesetzt, kritisierte Johna. Denn die Definition der Leistungsgruppen in NRW war ursprünglich lediglich als Planungs­instrument und nicht als Grundlage für die Krankenhausfinanzierung gedacht, erklärte sie weiter.

Johna hofft, dass die Politik auf das ärztliche Personalbemessungsinstrument setze. Die namentliche Erwäh­nung tauche bereits in der Begründung des Arbeitsentwurfs einmal auf. Darin heißt es: „Bei der Entscheidung, ob und welche Leistungsgruppen einem Krankenhaus zugewiesen werden sollen, sind weitere Kriterien wie zum Beispiel die Bedarfsgerechtigkeit des Krankenhauses zu berücksichtigen. Auch die Erfüllung der Anfor­derungen von Personalbedarfs­bemessungssystemen für die Ärzteschaft (zum Beispiel das Personalbe­messungssystem der Bundesärztekammer) kann als Entscheidungskriterium herangezogen werden.“

Sollte das Instrument im Zuge der Krankenhausreform nicht verpflichtend eingeführt werden, hofft Johna, dass es trotzdem viele Abteilungen nutzen würden. Das Grundziel, ein Instrument anzubieten, anhand dessen valide gezeigt werden könne, wie hoch der Personalbedarf einer Abteilung ist, bleibe bestehen.

cmk

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