Bedarfsgerechte Krankenhausversorgung muss erreichbar bleiben

Berlin – Die geplante Krankenhausreform muss zu einer erreichbaren, bedarfsgerechten und qualitätsorientierten stationären Versorgung führen. Darin waren sich gestern Abend die Akteure bei einer Diskussionsrunde, organisiert vom AOK-Bundesverband und der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser (AKG), einig.
Im Zielbild seien sich doch alle einig, betonte insbesondere Irmgard Stippler, Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern. Um dieses zu erreichen, müssten alle Beteiligten im System gemeinsam nach Lösungen suchen und die Menschen mitnehmen und überzeugen, dass die Versorgung der Zukunft gesichert sei. Wichtig sei aber, die Regionen und die bereits dortige Versorgung in den Blick zu nehmen, so Stippler.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger sorgt sich vor einer Reform, die insbesondere den ländlichen Raum schwäche und dortige Krankenhausstandorte ausdünnen werde. Zudem würde damit auch Pflegefachpersonal verloren gehen, denn diese könnten nicht einfach durch Krankenhausschließungen auf neue Standorte verteilt werden, so Pilsinger. Er plädierte damit für den Erhalt von kleinen Krankenhäusern auf dem Land.
Ihm entgegnete der Vorstandsvorsitzende der AGK, Matthias Bracht, dass Pilsinger damit eine gute Versorgung im ländlichen Raum suggeriere. „Das ist objektiv falsch“, denn heute gebe es bereits etwa deutliche Fehlzuweisungen der Notfälle, so Bracht.
Der Leiter der Regierungskommission Krankenhaus, Tom Bschor, wies daraufhin, dass die auf dem Tisch liegenden Vorschläge zu keiner Verschlechterung der Erreichbarkeit der Kliniken führen würde. Zudem drehe sich in seinen Augen die Diskussion viel zu sehr um den ländlichen Raum. „70 Prozent der Menschen wohnen in Ballungsgebieten“, so Bschor.
In diesen gebe es aber oftmals eine deutliche Überversorgung. Genau an diesem Punkt setze die Reform an. Klar sei zudem, dass Kliniken, die Herzinfarkte und Schlaganfälle mit einem Herzkatheter oder einer Stroke Unit adäquat behandeln, bestenfalls innerhalb von 20 Minuten erreichbar sein müssten, bekräftigte Bschor.
Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Armin Grau entgegnete, dass die strukturierten Maßnahmen der geplanten Reform genau die Versorgung in der Fläche absichern würden. Zudem seien die Bundesländer in der Verantwortung, für eine entsprechende Umsetzung der Reform zu sorgen. „Wir wollen es ihnen erleichtern“, so Grau. Die Reform schaffe neue Instrumente, wie etwa die Zuordnung durch die Leistungsgruppen und die sektorenübergreifende Versorgung. Es hänge deshalb davon ab, was die Länder daraus machen.
Bschor wies zudem daraufhin, dass es nun wichtig sei, die Strukturvoraussetzungen in den geplanten Leistungsgruppen stringent zu formulieren und genau an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten anzupassen. Sie dürften nicht so gewählt werden, dass sie lediglich den Status Quo abbilden. „Dann haben wir Bürokratie erschaffen, aber keine Reform gemacht“, so Bschor. Dies sei umso wichtiger, da sich die Politik von der ursprünglich angedachten Leveleinteilung verabschiedet habe.
Er sorgt sich zudem um den Ruf nach weiteren Ausnahmeregelungen von den Leistungsgruppen. Bei der Genehmigung solcher Ausnahmen müsse man genau hinschauen, forderte Bschor. So könne man beispielsweise den Ersatz von Strukturen durch Kooperationen etwa bei der Radiologie durch Teleradiologie gut machen. Eine Stroke Unit, die 50 Kilometer entfernt sei, bringe dem Patienten vor Ort hingegen wenig.
Seine Vision sei deshalb eine Versorgung mit weniger kleinen Krankenhäusern, weniger Betten und dass Krankenhäuser künftig stärker sektorenübergreifend auch ambulant behandeln könnten. Theoretisch wäre eine sehr gute Versorgung in Deutschland mit 700 bis 800 Krankenhäusern möglich, erklärte er.
Diese Zahl gelte aber nur, wenn man die Versorgung von Beginn an auf einem weißen Blatt Papier neu planen würde, räumte er ein. Man starte aber nicht mit einem weißen Blatt Papier, sondern habe bereits Versorgungsstrukturen, deshalb sei diese Zahl nur theoretischer Natur. Zur Einordnung: Derzeit gibt es rund 1.700 somatische Krankenhäuser in Deutschland.
Auch das Thema einer möglichen Überbrückungsfinanzierung der Krankenhäuser wurde angeschnitten. So waren sich fast alle einig, dass die jetzigen Strukturen nicht per Gießkanne weiter finanziert werden dürften. Pilsinger forderte hingegen ein „punktuelles Gießen der Pflanzen, damit sie nicht eingehen“. Er plädierte damit erneut für eine Brückenfinanzierung für Krankenhäuser, die durch die Inflation und Preissteigerungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind oder künftig geraten werden.
Grau erklärte allerdings, es werde kein Vorschaltgesetz geben. „Wir wollen keine Insolvenzen und keine kalte Marktbereinigung, aber ein solches Gesetz schließt die Ampel aus“, betonte der Grünen-Politiker. Die Krankenhausreform sei dringend erforderlich, um ein unreguliertes Krankenhaussterben zu verhindern, betonte er.
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