Luftverschmutzung: EU-Grenzwerte überschritten

Berlin – Das Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichte heute die vorläufigen Luftverschmutzungsdaten für 2016. Die Feinstaubbelastung war demnach zuletzt vor dem Jahr 2000 so niedrig wie im vergangenen Jahr. Die Ozonkonzentrationen waren im Vergleich zu den letzten 20 Jahren ebenfalls eher niedrig. Weniger positiv hingegen fällt die Bilanz für Stickstoffdioxid aus, teilte das UBA mit. Eine flächendeckende Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte ist nicht gelungen.
Nur eine von 378 Messstationen meldete eine Überschreitung des zulässigen Tagesmittelwerts für Feinstaub (PM10). An 35 Tagen im Jahr wäre das laut Gesetz noch in Ordnung. Die Messstation Stuttgart Neckartor erreichte jedoch an 63 Tage einen PM10-Tagesmittelwert von mehr als 50 μg/m³/Jahr. Im Jahr 2015 überschritten hingegen noch zwei weitere Verkehrs-Hotspots dieses Limit, die Weimarer Steubenstraße und in Berlin die Frankfurter Allee. Das UBA erklärt die niedrigen Werte aber nur bedingt mit Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Ein wichtiger Grund sei die Wetterlage. Es gab keine länger anhaltenden Wetterlagen wie in kälteren Wintern, die hohe Feinstaubkonzentrationen über längere Zeit mit sich gebracht hätten.

Bei Stickstoffdioxid NO2 liest sich die Bilanz schlechter: An gut 57 Prozent der verkehrsnahen Messstationen wurde der Stickstoffdioxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (μg/m³) im Jahresmittel überschritten. Seit 2010 zeigt sich ein nur leicht abnehmender Trend. Auch für Ozon und Feinstaub werden trotz vergleichbar niedriger Werte weiterhin die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerte deutlich überschritten; diese sind wesentlich strenger als die geltenden EU-Grenzwerte (siehe Tabelle unten).
Auswirkung auf die Gesundheit
„Seit Jahrzehnten gefährdet Stickstoffdioxid unsere Gesundheit“, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA. Schuld seien in den Städten vor allem alte Dieselautos. Es könne aus Sicht des Gesundheitsschutzes nicht akzeptiert werden, dass die Kommunen keine Handhabe hätten, um beispielsweise Dieselautos mit hohem Ausstoß aus den belasteten Innenstädten auszuschließen, erläuterte Krautzberger. Sie plädiert für eine bundeseinheitliche Regelung, welche Kraftfahrzeuge eine blaue Plakette bekommen und welche vor den Toren der Stadt bleiben müssen.
Die Europäische Umweltagentur EEA schätzt, dass allein in Europa jedes Jahr mehr als eine halbe Million Menschen aufgrund der Luftverschmutzung vorzeitig versterben. Der Großteil dieser Todesfälle lässt sich auf PM2,5-Exposition zurückführen, 71.000 auf NO2-Exposition und 17.000 auf O3-Exposition. Für Deutschland bedeutet das 73.400 vorzeitige Todesfälle aufgrund von Feinstaub (PM2,5), 10.610 aufgrund von NO2 und 2.500 aufgrund von Ozon (O3). Bei strikter Einhaltung der Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gäbe es gut 150.000 vorzeitige Todesfälle weniger. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es wäre, durch flächendeckende Einhaltung der Grenzwerte die Gesundheit möglichst vieler Menschen zu schützen.
Die negativen gesundheitlichen Wirkungen setzen nicht erst oberhalb bestehender Grenzwerte ein. Forscher gehen von einer linearen Dosis-Wirkung-Beziehung aus, die allerdings personenabhängig ist, das heißt zum Beispiel, das Kinder stärker betroffen sein können als Erwachsene.
EU-Staaten verpflichtet
Krautzberger äußerte auch Bedenken bezüglich des Klimawandels. „Nur wenn wir unsere Stickoxidemissionen in den Griff bekommen, können wir erhöhte Ozonbelastungen auch bei fortschreitendem Klimawandel vermeiden.“ Sie sei froh, dass sich Ende 2016 alle EU-Staaten verpflichtet haben, bis 2030 die Emissionen von Feinstaub, Ammoniak, Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffverbindungen zu senken. „Dadurch wird hoffentlich nicht nur die steigende Belastung durch Ozon begrenzt, sondern auch die Feinstaubbelastung gesenkt.“
In der Regel liegt der Fokus bei der Messung der Luftverschmutzung auf den „indicator pollutants“: Feinstaub PM, Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid SO2, Ozon. Feinstaub entsteht vor allem bei Verbrennungsprozessen, ähnlich wie das Nebenprodukt Stickstoffdioxid.
WHO-Empfehlungen | EU-Grenzwerte | |
PM2,5 | 10 μg/m3 Jahresmittelwert 25 μg/m3 24-Stunden-Maximum | 25 μg/m3 Jahresmittelwert |
PM10 | 20 μg/m3 Jahresmittelwert 50 μg/m3 Tagesmittelwert | 40 μg/m3 Jahresmittelwert 50 μg/m3 Tagesmittelwert |
NO2 | 40 μg/m3 Jahresmittelwert 200 μg/m3 1-Stunden-Maximum | 40 μg/m3 Jahresmittelwert 200 μg/m3 1-Stunden-Maximum |
O3 | 100 μg/m3 8-Stunden-Maximum | 120 μg/m3 8-Stunden-Mittelwert |
SO2 | 20 μg/m3 Tagesmittelwert 500 μg/m3 10-Minuten-Maximum | 125 μg/m3 Tagesmittelwert 350 μg/m3 1-Stunden-Maximum |
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: