Vermischtes

Hohe Stickoxid-Werte vor Schulen: Streit um Diesel geht weiter

  • Mittwoch, 26. April 2017
/Ingo Bartussek, stock.adobe.com
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Berlin – Die Luft vor vielen Schulen und Kitas in Großstädten ist Greenpeace zufolge zu stark mit gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid belastet. An mehr als zwei Drittel von knapp 150 Messstellen in sechs Städten seien die EU-Grenzwerte überschritten worden, kritisierte die Umweltschutzorganisation heute. Greenpeace hat nach eigenen Angaben zwei Wochen lang vor Schulen und Kitas in Düsseldorf, München, Frankfurt, Hamburg, Hannover und Berlin die Werte gemessen, die vor allem durch Diesel-Autos in die Höhe getrieben werden.

Stickoxide können unter anderem Atemwege und Herz-Kreislauf-System belasten. Kinder gelten als besonders gefährdet. Bürgermeister müssten sofort regelmäßige Messungen an Schulen anordnen und bei zu hohen Werten Kinderschutzzonen durchsetzen – not­falls auch mit Fahrverboten, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Daniel Moser. Auch El­tern trügen dazu bei, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringen.

Greenpeace zufolge waren die Werte an 72 Prozent der 143 Messstellen zu hoch – teil­wei­se doppelt so hoch wie der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter, der allerdings für das Jahresmittel gilt. Laut Umweltbundesamt wurde 2016 an mehr als jeder zweiten Messstation an stark befahrenen Straßen der Stickstoffdioxid-Grenzwert über­schritten. Die EU hat mehrere Verfahren gegen Deutschland laufen.

Euro 6: Grenzwerte ebenfalls überschritten

Gestern hatten neue Daten des Umweltbundesamts gezeigt, dass auch neue Diesel auf der Straße sehr viel mehr Stickoxid ausstoßen als nach der EU-Abgasnorm Euro 6 er­laubt ist. Diese gilt allerdings bisher nur fürs Labor, nicht für den Alltagsgebrauch der Autos.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte gefordert, Hersteller müssten Au­tos auf eigene Kosten nachrüsten und die Emissionen so mindestens halbieren. Ver­kehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verwies heute auf bereits laufende Um­rüs­­­­­­tun­gen: Es gebe den verpflichtenden Rückruf für 2,3 Millionen VW-Fahrzeuge in Folge des Abgasskandals sowie eine „freiwillige Serviceaktion“ anderer Hersteller, an deren Abgas­reinigung es Zweifel gegeben habe.

Dobrindt verteidigte sich auch gegen Vorwürfe, eine Reform von Abgastests in Brüssel zu blockieren. Es brauche einen EU-Schiedsrichter, wenn nationale Zulassungsstellen sich nicht einig seien. Ausnahmen bei der Abgasreinigung für den Motorschutz müssten an den Stand der Technik gekoppelt werden. Damit fordere Deutschland Maßnahmen in der EU, die über die Pläne der EU hinausgingen. Allerdings lehnt die Bundesregierung einige Pläne der Kommission ab.

EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska forderte, Deutschland und andere EU-Mit­gliedsländer sollten eine strengere EU-Aufsicht unterstützen. „Derzeit sind allein die Mit­gliedstaaten zuständig, Rechtsverstöße zu ahnden. Dieses System hat versagt“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Umstrittenen Praktiken könne nur auf eu­ropäischer Ebene wirksam begegnet werden.

Morgen kommen die Verkehrsminister von Bund und Ländern in Hamburg zusammen – dann dürfte auch die Debatte über Fahrverbote für schmutzige Diesel und eine „Blaue Plakette“ weitergehen.

dpa

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