Dicke Luft in den Städten: Stickstoffdioxid Problem Nummer eins

Solingen – Der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) ist in NRW 2016 an fast jeder zweiten Messstelle überschritten worden. An 60 von 127 Messstellen wurde im vergangenen Jahr der Grenzwert für die mittlere Jahresbelastung nicht eingehalten, teilten das NRW-Umweltministerium und das Landesumweltamt heute in Solingen mit.
In 32 NRW-Städten gab es demnach NO2-Überschreitungen. Damit stieg die Zahl der betroffenen Städte um eine: Halle/Westfalen kam hinzu. Als Hauptverursacher gelten der Straßenverkehr und hier vor allem Dieselfahrzeuge. Die höchsten Belastungen wurden 2016 in Köln am Clevischen Ring gemessen mit 63 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresmittel.
Die Grenzwerte für Feinstaub, einem weiteren Luftschadstoff, wurden dagegen zum dritten Mal in Folge an allen 65 Messstellen in NRW eingehalten. Einen Grund zur völligen Entwarnung sehen Experten in den gesunkenen Feinstaubwerten nicht: Gesundheitsschädigend wirken Feinstaubpartikel auch unterhalb des Grenzwertes. Der EU-Grenzwert für Schwefeldioxid wird auch seit Jahren nicht überschritten.
Minimierung von NO2 notwendig
Die Belastung mit Stickstoffdioxid sei das Problem Nummer eins in der Luftreinhaltung, sagte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Städte, Gemeinden, Automobilhersteller sowie Behörden auf Landes- und Bundesebene seien in der Pflicht. Der Präsident des Landesumweltamtes, Thomas Delschen, betonte: „Eine Minimierung vor allem bei Stickoxiden ist notwendig.“
Remmel verwies auf eine von der Europäischen Kommission angedrohte Klage gegen Deutschland wegen der wiederholten Überschreitung der NO2-Grenzwerte. Der Minister sagte, er wolle Fahrverbote vermeiden. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch NRW durch die Gerichte zur Einführung von Fahrverboten gezwungen werde, um die Grenzwerte einzuhalten.
Die Umweltschutzorganisation BUND in NRW forderte die schnelle Durchsetzung von Fahrverboten und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in den belasteten Innenstädten.
Die Gesundheitswissenschaftlerin an der Universitätsklinik Essen, Susanne Moebus, betonte, das größte Gesundheitsproblem sei die insgesamt hohe Verkehrsbelastung in den Metropolregionen. Stickstoffdioxid trete immer mit anderen gesundheitsgefährdenden Stoffen auf, wie Feinstaub, Rußpartikel und auch Lärm. „Eine individuelle Prävention ist kaum möglich“, sagte die Wissenschaftlerin.
In einem Prozess wegen überhöhter NO2-Werte in Düsseldorf hatte ein Verwaltungsgericht erstmals ein örtliches Fahrverbot für Dieselautos angeregt. Das Urteil aus dem vergangenen Jahr ist nicht rechtskräftig, es liegt in der nächsten Instanz beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
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