Abgeordnete prüfen weiteres Vorgehen bei der Suizidbeihilfe
Berlin – Die Initiatoren der beiden Gesetzentwürfe zur Regelung der Suizidbeihilfe wollen trotz ihres Scheiterns im Bundestag nicht aufgeben. Denn für sie bleiben viele Fragen weiter ungelöst – etwa die Vergabe todbringender Mittel und der Schutz vor Missbrauch. Wie genau es weitergehen wird, wollen sie in den kommenden Monaten klären.
Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci, Mitinitiator jenes Gesetzentwurfes, dem es vor allem um den Schutz vor Missbrauch ging, will ausloten, welche Änderungen im Parlament mehrheitsfähig sind.
Mit seinem im Juni gescheiterten Gesetzentwurf wollte er durch Fristen und Pflichtberatung sowie den möglichen Einsatz des Strafrechts Missbrauch bei Suizidbeihilfe verhindern und eine freie Entscheidung absichern. In jedem Fall sieht Castellucci weiter den Auftrag einer „umfassenden Umsetzung“ des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.
Karlsruhe hatten mit der Aufhebung des Verbots der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung 2020 den Stein ins Rollen gebracht. Die Richter postulierten ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben – unabhängig von Alter, Krankheit oder Begründung. Dazu könne der Sterbewillige auch die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen. Zugleich empfahlen sie, ein Schutzkonzept zu verabschieden.
Abgeordneten einer Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) ging es vor allem um ein geordnetes Verfahren, um „ein selbstbestimmtes Sterben“ zu ermöglichen. Sie kündigte auf Anfrage ebenfalls an, sich weiter, „sowohl für ein Schutzkonzept“ einzusetzen, als auch dafür, „dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben nicht leerläuft“.
Die Frage, ob der Staat in der Pflicht steht, direkt tödliche Mittel zur Verfügung zu stellen, ist rechtlich umstritten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dies 2017 Schwerstkranken unter bestimmten Voraussetzungen zugestanden.
Beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gab es seitdem 241 Anträge zum Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung. Keinem wurde stattgegeben – auch weil der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sich heftig dagegen wehrte, dass der Staat über Leben und Tod entscheidet. Darüber wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig befinden müssen.
Unterdessen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, eine Reform des Betäubungsmittelgesetzes zu prüfen, damit nach ärztlicher Beratung todbringende Medikamente abgegeben werden können.
Verschiedene Verbände, aber auch die Caritas und die katholische Bischofskonferenz, drängen weiter auf ein rechtliches Schutzkonzept, um durch eine Pflichtberatung Suizidwillige nicht allein Sterbehilfevereinen zu überlassen.
Kritiker sehen allerdings ein Dilemma. Denn eine rechtliche Regelung schließt die Vergabe von Scheinen ein, um das todbringende Mittel zu erhalten – ähnlich wie bei einem Schwangerschaftsabbruch. Zudem besteht die Sorge, dass jede Regelung zur Normalisierung des Suizid führt.
Unstrittig ist hingegen die Forderung nach einem Präventionsgesetz. Das Bundesgesundheitsministerium hat nach Lauterbachs Worten bereits mit der Erarbeitung einer Nationalen Suizidpräventionsstrategie begonnen. Hierzu will er dem Parlament im April einen Entwurf vorlegen.
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