Änderung im Strafgesetzbuch: KBV drängt auf Erwähnung von Arztpraxen

Berlin – Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten sowie deren Praxisteams sollten im Strafgesetzbuch namentlich genannt werden, wenn es um den besseren Schutz vor Gewalt geht. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) regt in einer aktuellen Stellungnahme an, den Paragrafen 115 Absatz 3 Strafgesetzbuch (StGB) entsprechend zu ergänzen.
Hintergrund ist ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium (BMJ). Das Haus von Minister Marco Buschmann (FDP) will die Regelungen zur Strafzumessung (Paragraf 46 Absatz 2 Satz 2 StGB) ergänzen. Dabei sollen künftig Taten einbezogen werden, die geeignet sind, „eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen“.
Von einer dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeit soll damit dem Ministerium zufolge zum einen die ehrenamtliche Tätigkeit erfasst werden. Dazu gehören zum Beispiel Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendarbeit oder in der Flüchtlingshilfe, das sicherheitsrelevante Ehrenamt – Feuerwehren, Katastrophenschutz, Rettungsdienst –, kommunale Mandatsträger, Vereinsarbeit oder parteipolitisches Engagement.
Zum anderen sollen auch berufliche Tätigkeiten erfasst werden, die dem Gemeinwohl dienen. Dazu gehören unter anderem Ärzte, Berufsfeuerwehr- und Berufsrettungskräfte, aber auch Polizei- und Vollstreckungskräfte, Journalisten und Berufspolitiker.
Zudem soll (Paragraf 113 Abs. 2 StGB) dahingehend ergänzt werden, dass ein besonders schwerer Fall in der Regel auch dann vorliegt, wenn es sich um einen hinterlistigen Überfall handelt. In solchen besonders strafwürdigen Fällen soll künftig unabhängig vom Vorliegen anderer Regelbeispiele regelmäßig der erhöhte Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe Anwendung finden, schreibt das Ministerium.
Aufgrund der Verweise in Paragraf 115 StGB komme „der verstärkte Schutz auch dem von dieser Vorschrift erfassten Personenkreis wie etwa Hilfeleistenden der Feuerwehr oder eines Rettungsdienstes zugute“, heißt es weiter.
Angriffe auf Feuerwehr, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, ärztlichen Notdienst oder in einer Notaufnahme seien „nicht hinnehmbar und müssten konsequent strafrechtlich verfolgt werden“, schreibt das Ministerium. Das BMJ betont, die geplanten Änderungen dienten der „Klarstellung und Bekräftigung der geltenden Rechtslage“. Gerichte und Ermittlungsbehörden sollten sensibilisiert werden.
KBV für Nachschärfung
Der KBV gehen die Änderungen nicht weit genug. Sie moniert, dass die geplante Gesetzesänderung nur einen besseren Schutz für den ärztlichen Notdienst oder die Notaufnahme gewährleiste, die bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisteten. „Für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und deren Praxisteams ergibt sich aus den geplanten Gesetzesänderung kein größerer Schutz“, so die KBV.
Da der Paragraf 115 StGB „keinen Spielraum“ für einen auslegungsfähigen Personenkreis lasse, sollte die Anpassung des StGB genutzt werden „nun auch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und deren Praxisteams“ in den persönlichen Schutzbereich aufzunehmen und diesen damit strafrechtlichen Schutz bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zukommen zu lassen, schreibt die Körperschaft weiter.
„Die KBV unterstützt das Vorhaben des Gesetzgebers, mit dem Entwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches, den Schutz von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie sonstigen dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten zu stärken“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen. Allerdings fehlten in dem Gesetzentwurf die Praxen.
Die Vertragsärzte, -psychotherapeuten und deren Mitarbeitenden kümmerten sich tagtäglich um die Gesundheit der Menschen im Land und leisteten damit einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwesen, fuhr Gassen fort. „Wir fordern daher Herrn Buschmann auf, in dem Gesetzentwurf die Praxen explizit zu erwähnen und ihnen damit ebenfalls strafrechtlichen Schutz bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zukommen zu lassen.“
„Gewalt und aggressives Verhalten in der Gesellschaft nehmen zu“, konstatierte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Dies spürten auch die Vertragsärzte – und nicht nur im Notdienst. Beschimpfungen und rüdes Verhalten, sei es verbal oder körperlich, würden in den Praxen mehr und mehr zur Belastung.
„Diese Entwicklung wirkt sich inzwischen auch auf die Attraktivität des Berufes der Medinischen Fachangestellten (MFA) negativ aus“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. Dass der Ton und der Umgang miteinander in der Gesellschaft rauer und aggressiver würden, bekämen die MFA – ob am Telefon oder bei der Anmeldung – häufig als erste zu spüren.
„Die Praxen leisten für das Gemeinwohl einen essenziellen Beitrag. Der Staat sollte sie genauso stark schützen wie vergleichbare Berufsgruppen. Deshalb müssen die geplanten gesetzlichen Regelungen unbedingt nachgeschärft und um die Praxen erweitert werden“, so die drei Vorstände.
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