Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst fordern bessere Bezahlung

Berlin – In Thüringen muss erstmals ein Kreisgesundheitsamt ohne Arzt auskommen. In Berlin können 85 der 466 Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) nicht besetzt werden. Bei der Berliner Polizei und der Feuerwehr bleiben sogar 50 Prozent der Arztstellen unbesetzt. Diese Zahlen nannten heute in Berlin der Marburger Bund (MB) und der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD). Für die Misere machen die Verbände in erster Linie die schlechte Bezahlung der Ärzte im ÖGD verantwortlich.
Diese verdienten im Durchschnitt 1.500 Euro weniger als ihre Kollegen in den Krankenhäusern. Unterstützt vom MB hat der BVÖGD, der seit Jahren vergeblich für eine Angleichung der Gehälter kämpft, deshalb für kommenden Montag um zehn Uhr zu einer Protestkundgebung vor dem Roten Rathaus in Berlin aufgerufen. Sie bildet den Abschluss einer Reihe von Protestveranstaltungen, die in den vergangenen Monaten in acht Bundesländern stattfanden.
In Berlin hat sich nichts geändert
Fast genau vor einem Jahr hatten sich MB und BVÖGD ebenfalls in Berlin mit demselben Anliegen an die Presse gewendet. Jetzt sitze man wieder hier und an den katastrophalen Zuständen insbesondere in Berlin habe sich nichts geändert, sagte Peter Bobbert, Vorsitzender des Landesverbandes Berlin-Brandenburg des MB: „Der Patient ÖGD ist chronisch krank. Da ihm jegliche Therapie verweigert wird, ist die Lebenserwartung gering.“
Dabei sei der ÖGD eine wesentliche Säule im Gesundheitswesen, von dem insbesondere sozial schwächere Menschen profitierten. Zwar habe der rot-rot-grüne Berliner Senat in seinem Koalitionsvertrag den Willen bekundet, für die Ärzte in den Gesundheitsämtern künftig arztspezifische Tarifverträge abzuschließen. Die Tarifgemeinschaft der Länder, der Berlin angehöre, habe dies aber abgelehnt. Die nach dem Scheitern dieses Vorstoßes versprochenen individuellen Zulagen würden dagegen vom Hauptpersonalrat verhindert. „Da kann man sich jetzt gegenseitig die Schuld zuschieben“, meinte Bobbert. „Das kann den Prozess auf Jahre blockieren.“
„Die Politik duckt sich weg“, sagte MB-Hauptgeschäftsführer Armin Ehl. Die Ärztegewerkschaft versuche seit 2010 vergeblich durchzusetzen, dass auch im ÖGD der Tarifvertrag Ärzte gilt. „Denn Ärzte sind Ärzte“, betonte Ehl. Auch die Ärzte in den Gesundheitsämtern leisteten patientennahe Arbeit, hätten Not- und Bereitschaftsdienste.
Dass bislang alle Vorstöße für eine Angleichung der Gehälter fruchtlos geblieben sind, ist Ehl zufolge kein Geldproblem. Zum einen seien die Kassen der Länder und Kommunen gut gefüllt, zum anderen handele es sich um eine überschaubare Zahl von Betroffenen. Dass es nicht zu einer Lösung komme, sei reine „Prinzipienreiterei“.
Ein Arzt im ÖGD verdient so viel wie Anfänger im Krankenhaus
Man stehe hier bundesweit vor demselben Problem, erklärte Claudia Kaufhold, Vorstandsmitglied des BVÖGD. Ein Arzt im ÖGD verdiene nach langen Jahren so viel wie ein Anfänger im Krankenhaus. Dabei gebe es inzwischen durchaus Städte, die mit gutem Beispiel vorangingen. So habe Hamburg in Stellenausschreibungen angekündigt, analog dem Tarifvertrag für Ärzte zu bezahlen.
Dasselbe gelte für Bremen. Andernfalls drohten bald Zustände wie in Thüringen. In dem Land müsse ein Kreisgesundheitsamt seit 2016 ohne Arzt auskommen. „Wir geht man dort mit hoheitlichen Aufgaben des ÖGD um?“, fragte Kaufhold. Beim Ausbruch von ansteckenden Krankheiten müsse der Amtsarzt entscheiden, ob Personen unter Quarantäne gestellt werden. Das könne man nicht einfach an einen niedergelassenen Arzt delegieren.
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