Ärzte in England beginnen viertägigen Streik

London – Ärzte des öffentlichen Gesundheitssystems (NHS) in England sind heute in einen viertägigen Streik getreten. Der Ausstand begann heute um 6 Uhr und folgt monatelangen Arbeitsniederlegungen in anderen Branchen des öffentlichen Diensts und der Privatwirtschaft.
Die Aktion sogenannter Nachwuchsärzte führte bereits zur Absage hunderttausender Termine und wurde als längster Streik in der Geschichte des britischen Gesundheitssystems angekündigt. Die Ärzte verlangen 35 Prozent mehr Gehalt. Zudem beklagen sie pandemiebedingten Nachholbedarf und Personalmangel. Dadurch sei ihr Arbeitspensum massiv gestiegen.
Die Assistenzärztin Katrina Forsyth sagte vor dem St.-Thomas-Krankenhaus in London: „Wir hatten massive (Lohn-)kürzungen, und wir füllen mehr Lücken, weil Leute gehen.“ Die Situation für Patienten werde „weniger sicher“, warnte sie.
Laut der British Medical Association (BMA) haben Nachwuchsärztinnen und -ärzte seit 2008 real 26 Prozent ihres Gehalts verloren. Sie arbeiten hauptsächlich in Krankenhäusern, teilweise aber auch in Hausarztpraxen. Die Regierung wies die Forderungen der BMW als unbezahlbar zurück.
Gesundheitsminister Steve Barley hatte eigenen Angaben zufolge für März auf den offiziellen Beginn der Tarifverhandlungen gehofft, nannte die Lohnforderung jedoch „unvernünftig“. Die Gewerkschaft müsse „erheblich“ von ihrer Position abrücken und die Streiks absagen, damit „wir die vertraulichen Gespräche wieder aufnehmen können“, erklärte er.
Bereits im März hatten tausende Ärzte in Großbritannien drei Tage lang gestreikt. In Großbritannien wird seit Monaten in zahlreichen Branchen gestreikt, meist geht es den Beschäftigten angesichts der hohen Inflation und gestiegener Energiepreise um kräftige Lohnerhöhungen. Betroffen sind neben dem Gesundheitssektor unter anderem auch die Bahn, die Post und die Grenzpolizei.
In der vergangenen Woche hatte Barclay sich mit Gewerkschaften aus dem Gesundheitssektor auf eine Gehaltserhöhung von fünf Prozent geeinigt. Derzeit läuft diesbezüglich eine Urabstimmung der Mitglieder. Die Einigung gilt jedoch nicht für Nachwuchsärzte, die etwa die Hälfte aller Mediziner im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) ausmachen. Der jüngste Streik findet nur in England statt und betrifft nicht die übrigen Teile des Vereinigten Königreichs.
Anlässlich des Streiks von Assistenzärzten macht man sich im NHS Sorgen um die Versorgung von Patienten. Leiter von Krankenhäusern und Arztpraxen seien „so besorgt wie noch bei keinem anderen Streik“, sagte die Direktorin einer Dachorganisation des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS, Layla McCay, kürzlich der BBC.
Bis zu eine Viertelmillion Termine und Operationen könnten demnach ausfallen und sich verschieben. Der Streik werde mutmaßlich auch Auswirkungen auf die Sicherheit von Patienten haben, so McCay. „Das ist eine große Sorge für alle Führungskräfte im Gesundheitsbereich.“
Die Gewerkschaft British Medial Association kündigte an, keine Bereiche des Gesundheitsdienstes zu verschonen – also auch solche nicht, in denen die Sicherheit von Patienten gefährdet sei. Allerdings gebe es einen Notfallplan, der vorsieht, dass streikende Assistenzärzte ins Krankenhaus gerufen werden könnten, wenn unmittelbar Leben von Patienten bedroht seien.
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