Ärzte ohne Grenzen ruft Bundesregierung zur Hilfe für Flüchtlinge in Libyen auf

Berlin – Angesichts des Bürgerkriegs in Libyen und einem Luftangriff auf ein Internierungslager in Tripolis fordert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen Schutz für die Flüchtlinge in den Lagern. Dazu sei es nötig, diese aus den frontnahen Unterkünften in Sicherheit zu bringen und keine neuen Bootsflüchtlinge durch die libyische Küstenwache in die Lager bringen zu lassen, erklärte das Hilfswerk.
„Wir rufen die Bundesregierung dringend dazu auf, die Appelle des UN-Flüchtlingshilfswerks, des Papstes und von Bundes- sowie Landespolitikern ernst zu nehmen und jetzt Evakuierungsflüge für die im Kriegsgebiet gefangenen Geflüchteten und Migranten zu organisieren“, sagte Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland.
Ein Team von Ärzte ohne Grenzen hat in den Tagen nach dem tödlichen Luftangriff auf das Internierungslager Tadschura nahe einer Militärbasis östlich von Tripolis Überlebende medizinisch behandelt und psychologisch betreut sowie mit Nahrungsmitteln und Wasser versorgt. „Die weiterhin gefangenen Menschen waren extrem verängstigt und verzweifelt durch die Erfahrung, in hilfloser Lage bombardiert zu werden und den Tod vieler Menschen mitansehen zu müssen“, hieß es aus dem Hilfswerk.
Die Bundesregierung sei wie die anderen EU-Staaten mitverantwortlich dafür, dass Flüchtlinge von der libyschen Küstenwache in die Internierungslager in das Kampfgebiet in Libyen zurückgebracht würden. „Damit trifft die Bundesregierung auch eine Mitverantwortung für die Sicherheit der dort festgehaltenen Menschen“, betonte Westphal.
In Libyen werden Internationalen Organisation für Migration zufolge 5.695 Flüchtlinge in offiziellen Internierungslagern unter Oberhoheit libyscher Behörden gefangen gehalten. Trotz des tödlichen Luftangriffs habe die libysche Küstenwache vergangene Woche erneut Dutzende Menschen, die sie auf dem Mittelmeer aufgegriffen hatte, nach Tadschura gebracht. Ärzte ohne Grenzen fordert, das Internierungslager, das sich in unmittelbarer Umgebung von Militäreinrichtungen befindet, sofort zu schließen.
„Die Zustände in den Internierungslagern waren schon vor den Kämpfen völlig inakzeptabel, nun haben sie sich weiter verschlechtert“, kritisiert Ärzte ohne Grenzen. Das Hilfswerk berichtet beispielhaft unter anderem aus dem Lagern Sintan südlich von Tripolis im Nafusa-Gebirge.
Im Mai diesen Jahres wurden dort mehr als 900 Menschen gefangen gehalten. „Mehr als 700 von ihnen mussten in einer völlig überfüllten Lagerhalle leben, mit lediglich vier kaum funktionsfähigen Toiletten. Sie mussten in Eimer urinieren. Es gab keine Duschen und nur sporadischen Zugang zu Wasser, das nicht trinkbar war“, berichtet Ärzte ohne Grenzen.
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