Politik

Ärzte sind gefordert, häuslicher Gewalt entgegenzuwirken

  • Montag, 22. September 2014

Düsseldorf – „Symptome, wie Sie sie beschreiben, stehen häufig in Zusammenhang mit Gewalt. Kann es sein, dass Ihnen jemand Gewalt angetan hat?“ So oder ähnlich könnte ein Arzt seine Patientin fragen, wenn er den Eindruck hat, sie sei möglicherweise ein Opfer häuslicher Gewalt.

Aber auch ohne einen konkreten Verdacht sollte es heutzutage zu einer sorgfältig durchgeführten Anamnese gehören, die Patienten auf Gewalterfahrungen anzu­sprechen, meint Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Gemeinsam mit Theodor Windhorst, dem Präsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe, rief er heute Düsseldorf die Ärzte dazu auf, möglichen Opfern häuslicher Gewalt in Praxen und Klinik­ambulanzen verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen.

Es sei äußerst wichtig, betonte Henke, im Gespräch mit einem Gewaltopfer einen vertrauensvollen Raum zu schaffen, nicht zu drängen. Gerade Ärzte neigten oft dazu, das Gespräch selbst in die Hand nehmen zu wollen. Für sie sei es mitunter unver­ständlich, dass Gewaltopfer oft zunächst nicht über die erlittene Gewalt sprechen wollen.

Gerade in diesen Fällen sei es aber ganz besonders wichtig, das Gesprächsangebot aufrechtzuerhalten und weiterhin auf die bestehenden Hilfsangebote hinzuweisen. Henke: „Die Gründe für dieses Verhalten von Gewaltopfern sind vielfältig: Scham, Schuldgefühle, Angst vor Ablehnung und Unverständnis, Angst vor einer Eskalation in der Partnerschaft, Sorge um die Kinder oder das ungeborene Leben, ökonomische Abhängigkeit, Einsamkeit oder erlernte Rollenbilder.“

Windhorst wies darauf hin, dass häusliche Gewalt weltweit als eines der größten Gesund­heits­risiken für Frauen und Kinder gelte. Nach einer Studie der EU hätten rund 22 Prozent der befragten Frauen körperliche oder sexuelle Gewalt durch den eigenen Partner erfahren. Ärzte hätten die Möglichkeit, den Kreislauf der Gewalt zu durch­brechen.

Häusliche Gewalt ist nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein rechtliches und gesell­schaftliches Problem
Windhorst: „Es darf nicht sein, dass Gewaltopfer einfach weitergeschoben werden. Wir müssen Anlaufstelle für diese Geschädigten bleiben.“ Bei häuslicher Gewalt handele es sich aber nicht nur um ein medizinisches, sondern auch um ein rechtliches und gesell­schaftliches Problem, führte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe aus. Diesem müsse mit einem engmaschigen Netz, bestehend aus den Strukturen der gesundheitlichen Versorgung, regionalen und lokalen Hilfeeinrichtungen und rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Gewalttätern wirkungsvoll begegnet werden.

Um Ärztinnen und Ärzte besser auf das Erkennen von häuslicher Gewalt und den Umgang mit den Opfern vorzubereiten, findet am Samstag, den 27. September, in Düsseldorf eine Fachtagung der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Frauen und Gesundheit NRW statt.

TG

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung