Ärzte und Pflegeverbände kritisieren GroKo-Pläne zur Pflege

Berlin – Notfallmediziner und Pflegeverbände haben die Einigung von Union und SPD auf Verbesserungen in der Pflege als nicht weitreichend genug kritisiert. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) fordern von der Politik konkrete Vorgaben für eine adäquate Pflegekraft-Besetzung von Notaufnahmen, mehr Personal für eine bessere Patientenbetreuung sowie die Anerkennung von Notaufnahmen als pflegeintensive Bereiche.
Die Pflegenden in den Notaufnahmen erfüllten vielfältige, verantwortungsvolle Aufgaben, die von der Ersteinschätzung der Dringlichkeit einer Notfallbehandlung über pflegerische Maßnahmen bei Schwerstkranken und -verletzten sowie alten Patienten bis hin zu der psychosozialen Betreuung von Notfallpatienten reichten, betonten DIVI und DGINA. Für dieses besondere Tätigkeitsprofil werde inzwischen eine spezifische Weiterbildung zur „Notfallpflege“ angeboten.
Vorgaben fehlen
„Auch wenn die Bedeutung gut qualifizierter Mitarbeiter in der klinischen Notfall- und Akutmedizin nicht infrage steht, gibt es bisher keine Vorgaben für eine adäquate pflegerische Besetzung von Notaufnahmen“, kritisierten die Fachgesellschaften. Sie fordern, Notaufnahmen genauso wie Intensivstationen oder andere bettenführende Krankenhausbereiche als pflegesensitive Bereiche zu definieren, für die Personaluntergrenzen dringend erforderlich seien. Dies müsse die Politik jetzt ändern, so DIVI und DGINA.
Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen auf eine bessere Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege verständigt. Dazu gehören sollen Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung und ein erstes Sofortprogramm mit 8.000 Fachkräften bei der „medizinischen Behandlungspflege“ in Pflegeheimen. Zusammen mit den Tarifpartnern wollen Union und SPD außerdem dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Pflege flächendeckend zur Anwendung kommen.
Die Grünen-Sprecherin für Pflegepolitik, Kordula Schulz-Asche, nannte die Einigung „weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein“. Das Sofortprogramm mit 8.000 zusätzlichen Altenpflegekräften bedeute weniger als eine zusätzliche Fachkraft pro Pflegeheim. Die Arbeiterwohlfahrt erklärte, die Effekte des Sofortprogramms seien „weder nachhaltig noch geeignet, die Situation vor Ort spürbar zu verbessern“. Es müsse mindestens der gegenwärtig höchste Personalrichtwert in den Bundesländern für ganz Deutschland festgeschrieben werden.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßte die Verständigung auf die Einführung flächendeckender Tarifverträge, doch müsse dies auch auf die häusliche Krankenpflege ausgeweitet werden. Die angekündigten 8.000 neuen Stellen in der Pflege dürften nur ein Einstieg sein. Mittelfristig würden rund 100.000 zusätzliche Pflegekräfte gebraucht, erinnerte der Verband.
Der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland teilte mit, angesichts des bereits spürbaren Personalmangels in der Altenhilfe müssten die Gesundheit der Pflegenden und die Erhöhung ihrer Verweildauer im Beruf oberste Priorität genießen. Einrichtungsträger, die Tariflöhne bezahlten, brauchten eine sichere Refinanzierung auch bei Tarifsteigerungen. Der Arbeitgeberverband Pflege forderte einen Pflegebeauftragten direkt im Kanzleramt und eine Verdoppelung der Ausgaben bei der Altenpflege.
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