Pflegekräfte sollen sich auf dem Arbeitsmarkt selbstbewusster positionieren

Berlin – Der Präsident des Deutschen Pflegerates (DPR), Franz Wagner, hat die Pflegekräfte dazu aufgerufen, sich gegenüber ihren Arbeitgebern selbstbewusster zu positionieren. „Die Pflegekräfte müssten ein stärkeres Bewusstsein dafür bekommen, welche Macht sie haben“, sagte er jetzt auf dem „Springer Kongress Pflege“ in Berlin. Viele akzeptierten Arbeitsbedingungen, die nicht akzeptabel seien.
„Reden Sie mit Ihren Vorgesetzten, und wenn sich nichts ändert: Suchen Sie sich einen neuen Arbeitsplatz“, rief er den Pflegekräften zu. „Sie sind ein rares Gut! Verkaufen Sie sich nicht unter Preis!“ Dafür benötige man allerdings Selbstbewusstsein und Argumentationsstärke. „Wir brauchen durchsetzungsfähige Pflegeleitungen, die auch einmal gegen die Geschäftsführung auftreten können“, betonte Wagner.
„Wir müssen selbstbewusster auftreten und erklären, was wir alles leisten“, fuhr er fort. Wagner machte klar, dass dazu auch viele kleine Dinge gehören, wie zum Beispiel Gespräche mit den Menschen oder zuzuhören. „Das klingt nicht so fantastisch wie die Erfindung der Herztransplantation, aber für die Menschen macht das viel aus und es hat einen großen Einfluss auf ihre Lebensqualität“, sagte er.
Aufholarbeit beim Positionbeziehen
Bei der beruflichen Selbstverwaltung im Bereich der Pflege gebe es eine positive Entwicklung, erklärte Wagner. Demnächst werde es in Deutschland drei Pflegekammern geben: in Rheinland-Pfalz, in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen. In vier weiteren Bundesländern werde es zudem Befragungen der Pflegekräfte geben, ob sie eine Pflegekammer wollen, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg.
Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sprach in seiner Rede die innerberufliche Aufstellung der Pflegekräfte an. „Im vergangenen Jahr war ich auf dem vierten Deutschen Pflegetag und auf dem 120. Deutschen Ärztetag“, sagte er. „Das zeigt, dass es bei dem selbstbewussten Positionbeziehen des Berufsstandes Pflege noch Aufholarbeit gibt.“ In den vergangenen vier Jahren sei allerdings schon einiges in Bewegung gekommen.
Gröhe betonte, dass die Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode einiges im Pflegebereich auf den Weg gebracht habe. So sei infolge der Pflegestärkungsgesetze die Zahl der Menschen auf 3,3 Millionen angestiegen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält. Zudem seien in den ersten drei Quartalen des Jahres 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 1,3 Milliarden Euro zusätzlich in die stationäre Einzelpflege gelangt.
„Wir haben uns bewusst dafür entschieden, dass der Beginn der Hilfeleistungen vorverlegt wird“, sagte Gröhe. „Diese Reformen lösen allerdings die Notwendigkeit von weiteren Reformen aus, mit denen wir die Menschen finden müssen, die die gestiegene Zahl der Leistungen auch erbringen. Deshalb halte ich eine konzertierte Aktion in der Pflege für unumgänglich.“ Auch bei den Sondierungsgesprächen hätten alle beteiligten Parteien in großer Übereinstimmung die Dringlichkeit unterstrichen, mit der sich in der Pflege etwas ändern müsse.
50.000 Pflegekräfte fehlen im Krankenhaus
Das größte Problem, das sich dabei stellt, ist der Personalmangel. Union und SPD haben in ihren Sondierungsgesprächen verabredet, in der medizinischen Behandlungspflege 8.000 neue Stellen in Pflegeeinrichtungen schaffen zu wollen. „Manche sagen, das sei zu wenig“, meinte Gröhe. „Aber diese 8.000 Menschen müssen wir erstmal auf dem Arbeitsmarkt finden.“ Bestehende Reserven gebe es noch im Bereich der Weiterqualifizierung von Pflegehelfern zu Fachkräften.
Auch DPR-Präsident Wagner nannte „kurzfristige Perspektiven“. Die Hälfte der Fachkräfte arbeite in Teilzeit, viele unfreiwillig – entweder weil sie keine Vollzeitstelle angeboten bekämen oder weil sie sagten, eine Vollzeitstelle sei zu belastend. „Wenn diese Menschen merken würden, dass sich auf ihrem Dienstplan etwas verändert, weil mehr Personal eingestellt wurde, würden sie auch wieder mehr in ihrem Beruf arbeiten wollen“, meinte Wagner.
Auch für ihn sind 8.000 neue Stellen allerdings zu wenig. Alleine in den Krankenhäusern fehlten heute 50.000 Pflegekräfte. Die Langzeitpflege, die ambulante Pflege und die Rehaeinrichtungen seien dabei noch gar nicht einbezogen.
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