Ärzte wollen nutzbringende E-Health-Anwendungen

Berlin – Ärzte sind offen für digitale Lösungen, wenn sie sich davon einen praktischen Nutzen für die Patientenversorgung versprechen. Das zeigt der zweite Digitalisierungsreport der DAK-Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Ärzte Zeitung, der heute in Berlin vorgestellt wurde. 2.300 Ärztinnen und Ärzte haben dafür im Herbst 2018 an der anonymen Onlinebefragung teilgenommen und über ihre Einstellungen zu digitalen Versorgungsangeboten Auskunft gegeben. Ein Kernthema der Studie sind die Möglichkeiten einer elektronischen Gesundheitsakte (eGA).
Danach finden es 71 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Ärzte gut, wenn durch eine eGA ein digitaler Wechselwirkungscheck der Medikation des Patienten unterstützt wird. 21 Prozent stehen dem neutral gegenüber. Etwas mehr als die Hälfte der Ärzte meinen zudem, dass die Verfügbarkeit zurückliegender Befunddaten anderer Ärzte über die eGA die eigene Anamnese vereinfacht und die Qualität der Behandlung verbessert. 29 Prozent der Befragten sind hingegen der Auffassung, dass dies einen unnötigen Zusatzaufwand zum ohnehin erforderlichen Arzt-Patienten-Gespräch bedeutet und daher überflüssig ist.
Bekanntheit gestiegen, aber nicht der Verbreitungsgrad
Im Vergleich zum ersten Digitalisierungsreport ein Jahr zuvor ist der Bekanntheitsgrad einiger digitaler Versorgungslösungen gestiegen, der Nutzungs- beziehungsweise Verbreitungsgrad ist hingegen weiterhin gering: Immerhin 87 Prozent der Ärzte können sich unter Onlinevideosprechstunden etwas vorstellen (ein Jahr zuvor: 83 Prozent). Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Deutsche Ärztetag im Mai 2018 das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung gelockert hat. Allerdings spielt die Onlinevideosprechstunde bei 81 Prozent der Ärzte noch keine Rolle. Nur jeweils drei Prozent der Befragten gaben an, ein solches Angebot konkret zu planen oder bereits mit Videosprechstunden zu arbeiten.
Nicht viel anderes sieht das beim Thema eGA aus: Inzwischen haben zwar 74 Prozent der Ärzte schon von der eGA gehört (ein Jahr zuvor: 52 Prozent). Dies ist eine Folge davon, dass 2018 mehrere Krankenkassenverbünde erste eGA-Modelle öffentlichkeitswirksam vorgestellt haben. Allerdings sind nach der Umfrage erst neun Prozent der Ärzte damit schon einmal konkret in Berührung gekommen.
Ähnliches gilt für digitale Gesundheitsangebote wie Onlinecoaching oder Diagnostik-Apps für Patienten, die für das Gros der Ärzte in der Praxis noch keine Rolle spielen: Nur 18 beziehungsweise 17 Prozent der Ärzte haben sich damit schon einmal befasst. Anders sieht das bei der Onlineterminvereinbarung aus: Hiervon hat etwa die Hälfte der Ärzte schon gehört, und immerhin 46 Prozent hatten schon konkret damit zu tun.
Qualitätssicherung ist wichtig
„Der Nutzen von E-Health und digitalen Anwendungen muss im Mittelpunkt stehen, sowohl für den Arzt als auch den Patienten“, betonte Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit. Digitalisierung sei eine Gestaltungsaufgabe und benötige vor allem auch Qualität.
Storm verwies dabei auf ein Ergebnis der Befragung, wonach 63 Prozent der Ärzte einen Nutzennachweis für Therapie-Apps fordern. 70 Prozent der Befragten halten zudem die medizinischen Fachgesellschaften für geeignet, diese neuen digitalen Gesundheitsangebote zu bewerten. Digitalisierung sei nur gemeinsam mit allen Akteuren möglich, meinte Storm. Er forderte daher eine „nationale Digital-Health-Strategie“, für die der Staat klare Rahmenvorgaben mache, die konkrete Ausgestaltung aber den Akteuren überlasse.
Im Hinblick auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens und mit Blick auf die elektronischen Patientenakte, die bis spätestens Anfang 2021 alle Krankenkassen ihren Versicherten zur Verfügung stellen sollen, setzen die Ärzte nicht nur auf die manipulationssichere, zuordenbare und vollständige Übertragung der von Ärzten erhobenen medizinischen Daten, sondern auch auf einen leichteren innerärztlichen Informationsaustausch. Das betonte Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Hierfür müssten die Daten strukturiert und standardisiert ausgetauscht werden können, und die dafür genutzten Systeme müssten interoperabel sein.
KBV will Standardisierung verantworten
Bei der Patientenakte haben sich die Akteure in einem Letter of Intent dabei auf eine grobe Struktur geeinigt. Für den Bereich der medizinischen Daten will die KBV die Verantwortung übernehmen und die medizinischen Informationsobjekte, also beispielsweise die Befunde, standardisieren – „selbstverständlich auf Basis internationaler Standards und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten“, so der KBV-Vorstand. „Ist die Standardisierung erst einmal erreicht, sind die Anforderungen der Ärzte an die Digitalisierung klar und einfach: Sie muss Aufwände reduzieren, Arbeitsabläufe verschlanken, die Kommunikation erleichtern und den Informationsaustausch verbessern“, erklärte Kriedel.
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