Affenpocken: Impfdosen bestellt, weitere Fälle gemeldet

Berlin – Die Affenpocken beschäftigen weiterhin die Europäische Union und auch die Bundesregierung. Neue Ankündigungen gibt es zu den Impfstoffbeschaffungen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) legt neue Daten zu Infizierten vor.
Bereits am vergangenen Freitag hatte die EU-Kommission erklärt, dass in der EU an einem gemeinsamen Einkauf von Impfstoffen und Medikamenten gegen die Affenpocken gearbeitet wird. Wie eine Sprecherin in Brüssel bestätigte, sei mit den Mitgliedstaaten ein breiter Konsens erzielt worden, dass die neue EU-Behörde zur Vorsorge von Gesundheitskrisen (HERA) so bald wie möglich medizinische Abwehrmittel beschaffen soll. Das genaue Verfahren werde in den nächsten Tagen mit den Mitgliedstaaten festgelegt.
Zugleich betonte die Sprecherin, dass eine Affenpockenimpfung auf ganz konkrete Fälle beschränkt sein werde, da die Übertragbarkeit und das Risiko des Virus nicht mit COVID-19 vergleichbar seien. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet aktuell mit den ersten Impfdosen gegen Affenpocken noch in den ersten beiden Juniwochen.
40.000 Einheiten sollten in den ersten beiden Juniwochen kommen, dann 200.000 Einheiten danach, sagte er gestern in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Ein entsprechender Vertrag sei unterzeichnet, man warte nun noch auf die Antwort des Unternehmens. „Aber ich gehe davon aus, dass wir diesen Impfstoff sehr bald haben werden“, sagte Lauterbach.
Der Minister betonte erneut, dass er keine neue Pandemie durch diesen Virus erwarte. „Aber ich glaube nicht, dass die Affenpocken eine Gefahr darstellen im Sinne einer Pandemie“, sagte Lauterbach. Dennoch müsse man die Verbreitung der Affenpocken eindämmen. „Wir wollen auch nicht, dass es sich festsetzt.“
Lauterbach hatte bereits Anfang der Woche mitgeteilt, dass sich Deutschland „bis zu 40.000 Dosen“ Pockenimpfstoff gesichert habe. Das Vakzin namens Imvanex sei in den Vereinigten Staaten gegen Affenpocken zugelassen, hatte er gesagt. Es gehe darum, vorbereitet zu sein auf eventuell nötige Impfungen von Kontaktpersonen von Infizierten.
Mit den Maßnahmen wird auf die zuletzt ungewöhnliche Verbreitung von Affenpocken reagiert. Anfang Mai war ein Fall bei einem Menschen in Großbritannien nachgewiesen worden. Seitdem berichten immer mehr Staaten, in denen das Virus bislang eigentlich nicht vorkam, von nachgewiesenen Ansteckungen von Mensch zu Mensch.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat davor gewarnt, dass die Verbreitung der Affenpocken erst begonnen haben könnte. „Wir wissen nicht, ob wir gerade nur die Spitze des Eisbergs sehen“, sagte Sylvie Briand, Direktorin der WHO-Abteilung zur Vorbereitung auf Infektionsgefahren, bei der Weltgesundheitsversammlung in Genf. Briand äußerte aber die Hoffnung, dass die Verbreitung bald gestoppt werden könnte.
Die derzeitige Ausbreitung des Affenpockenvirus sei „ungewöhnlich“, sagte Briand. Seit Großbritannien am 7. Mai die erste Affenpockenansteckung meldete, wurden der WHO 200 Fälle aus Ländern gemeldet, in denen sich das Virus üblicherweise nicht verbreitet. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC registrierte 219 solcher Fälle.
In mehreren Staaten in West- und Zentralafrika sind die Affenpocken endemisch, sie treten dort also dauerhaft und gehäuft auf. Zuletzt wurden Affenpocken aber auch in 20 anderen Ländern festgestellt – unter anderem in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und den USA. Die Verbreitung sei „immer noch ganz am Anfang“, sagte Briand.
„Wir wissen, dass es in den kommenden Tagen weitere Fälle geben wird“, sagte sie weiter – ergänzte aber, es gebe keinen Grund zur Panik. Die breite Bevölkerung müsse„keine Angst haben“. Weiter sagte sie: „Es ist nicht
Covid-19 oder eine andere Krankheit, die sich schnell verbreitet.“
Experten versuchen demnach weiter herauszufinden, was die derzeitige ungewöhnliche Verbreitung verursacht habe. Die ersten Untersuchungen hätten aber keine Hinweise auf eine Veränderung oder Mutation des Virus geliefert. „Wir haben eine gute Chance, die Übertragung jetzt zu stoppen“, sagte Briand weiter. „Wenn wir jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen, können wir das auf einfache Weise eindämmen.“
21 Fälle von Affenpocken aus sechs Bundesländern
Dem RKI sind in den vergangenen Tagen weitere Fälle von Affenpocken in Deutschland gemeldet worden. Es gab die Zahl der Betroffenen auf seiner Webseite heute mit 21 an. Die Nachweise stammen demnach aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Am vergangenen Freitag waren dem RKI 16 Fälle der Virusinfektion bekannt gewesen.
Das Besondere an den Fällen ist laut RKI, dass die Patienten zuvor nicht in Länder in Afrika gereist waren, in denen Affenpocken endemisch sind. Zudem könnten viele Übertragungen offenbar im Rahmen sexueller Aktivitäten passiert sein. „Soweit bekannt, erkranken die meisten Betroffenen nicht schwer“, hieß es.
Affenpocken gelten verglichen mit den seit 1980 ausgerotteten Pocken als weniger schwere Erkrankung. Der Erreger wird laut RKI durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. „Das Risiko ist nicht auf Menschen beschränkt, die sexuell aktiv sind oder auf Männer, die Sex mit Männern haben. Jeder, der engen körperlichen Kontakt mit einer ansteckenden Person hat, ist gefährdet.“
Die Symptome, zu denen unter anderem ein Hautausschlag zählt, verschwinden laut RKI meist innerhalb weniger Wochen von selbst, können bei einigen Menschen aber zu medizinischen Komplikationen und in sehr seltenen Fällen auch zum Tod führen.
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