Ärzteschaft

Arztpraxen in Niedersachsen finden kaum noch Mitarbeiter

  • Mittwoch, 2. Februar 2022
/picture alliance, Francisco Avia, XinHua
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Hannover – Die niedergelassenen Ärzte in Niedersachsen kämpfen mit einem wachsenden Personalnot­stand. Manch ein Praxisinhaber tut sich schwer, überhaupt noch geeignete Fachkräfte zu finden und steigt notgedrungen auf fachfremde Mitarbeiter um oder macht die Praxis gleich ganz dicht.

„Viele Arztpraxen sind längst über ihr Limit hinaus“, sagte Ärztekammersprecher Thomas Spieker. Wegen Personalengpässen müsse oft improvisiert werden.

So berichtet ein Kinder- und Jugendarzt aus der Region Hannover, dass viele medizinische Fachange­stellte (MFA) in der Coronakrise in die Test- und Impfzentren oder Kliniken abgewandert seien, weil es dort mehr Geld zu verdienen gebe.

Und ein Hautarzt aus der Landeshauptstadt erzählt, er suche bereits seit einem halben Jahr nach Mitarbeitern, doch gebe es kaum Bewerbungen. Stattdessen habe die Praxis jetzt eine Hotelfachfrau für die Terminvergabe am Telefon und den Empfang engagiert – „weil aus ir­gend­welchen Gründen niemand mehr in die Praxis will“. Dabei seien die Gehälter in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestie­gen.

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit belegen den Mangel. Demnach kamen im Dezember auf 1.913 ge­meldete Stellen in Niedersachsen lediglich 1.161 Arbeitslose aus dem Bereich Arzt- und Praxishilfe. Ein Jahr zuvor war das Verhältnis mit 1.404 Stellen und 1.587 Arbeitslosen noch weitgehend ausgegli­chen. Und vor fünf Jahren gab es mit 1.586 Arbeitslosen fast doppelt so viele Fachkräfte wie Stellen (833).

„Der Markt ist praktisch leergefegt“, erklärte Sonja Kazma, Pressesprecherin der Regionaldirektion Nie­der­sachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit. „Entsprechend schwierig ist es, freie Stellen zu be­setzen, oft dauert es lange, manche bleiben ganz frei.“

Auch eine Allgemeinmedizinerin aus dem Landkreis Peine beobachtet den Fachkräftemangel. Manche Kollegen an der Grenze zum Rentenalter planten mangels Personals jetzt die Praxisschließung, sagt sie.

Andere hätten frühzeitig aufgehört zu impfen oder die Urlaube rund um die Jahreswende gezwungener­maßen verlängert. Auf Stellenanzeigen meldeten sich kaum noch medizinische Fachangestellte, zuneh­mend würden Mitarbeiter aus vielen anderen Bereichen eingestellt.

Die Ärztekammer Niedersachsen fordert angesichts der Belastungen für die Praxen in der Pandemie schon länger einen Coronabonus für die Fachkräfte, auch wenn diese in ambulanten Praxen tätig sind.

Viele MFA seien „über den Rand ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit hinaus beansprucht“, betont die Vizepräsiden­tin der Kammer, die Ärztin Marion Charlotte Renneberg. Hinzu kämen das erhöhte Infektionsrisiko sowie „Anfeindungen und Beleidigungen, die mittlerweile leider zum Alltag in vielen niedergelassenen Praxen dazugehören“.

Den Mitarbeitern trotzdem keinen Bonus zu gewähren, spalte die Fachkräfte in den Gesundheitsberufen - und das zur Unzeit, sagt Renneberg in Richtung der Bundesregierung. „Gerade im niedergelassenen Be­reich suchen wir Ärztinnen und Ärzte händeringend nach qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern, Debatten wie diese verschärfen den Fachkräftemangel zusätzlich.“

dpa

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