AWMF stellt frühe Nutzenbewertung infrage

Berlin – Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat dafür plädiert, die Methodik der frühen Nutzenbewertung zu überarbeiten. Obgleich das Verfahren grundsätzlich geeignet sei, um unnötige Kosten im Gesundheitswesen zu vermeiden, berge die derzeitige Methodik jedoch Schwächen, die Innovationen bremsen könnten, warnte AWMF-Präsident Rolf Kreienberg.
In einem bei der AWMF-Delegiertenkonferenz in Frankfurt vorgestellten Positionspapier kritisierten die Fachgesellschaften beispielsweise, dass die Nutzenbewertung das Patientenwohl unzureichend berücksichtige. Trage ein neues Arzneimittel zu einer geringeren Krankheitsbelastung und einer höheren Lebensqualität bei, werde dies im bisherigen Verfahren nicht ausreichend erfasst. „Wir brauchen eine höhere Gewichtung von Funktionstests, Verbesserung bei Alltagsfunktionen oder belastenden Symptomen“, verwies Bernhard Wörmann, Vorsitzender der AWMF-Ad-hoc-Kommission „Nutzenbewertung“.
Gemeinsam mit rund 20 Vertretern medizinischer Fachgesellschaften hatte er die 224 bis Ende 2016 abgeschlossenen Verfahren analysiert und dabei unterschiedliche methodische Mängel ermittelt. Dazu gehört beispielsweise das Ungleichgewicht der Bewertungen zwischen den verschiedenen Fachgebieten, „das nicht allein durch Unterschiede in Design und Qualität der zugrundeliegenden Studien zu erklären ist“, kritisierte Wörmann.
So habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) knapp der Hälfte (45 Prozent) der untersuchten Medikamente aus den Bereichen Onkologie, Infektiologie oder Pneumologie keinen Zusatznutzen bescheinigt; in der Diabetologie, Neurologie oder Ophthalmologie lag die entsprechende Quote dagegen bei fast 90 Prozent. Nach Einschätzung der Kommission ist dies vor allem in der unterschiedlichen Bewertung der Studienendpunkte begründet.
Kritisch sehen die Experten zudem das Verfahren der Preisbildung, das heute weder rechtssicher noch transparent sei. „Die von der Ad-hoc-Kommission analysierten Entwicklungen stellen den langfristigen Wert des Verfahrens in Frage, wenn nicht methodisch nachgebessert wird“, bilanzierte AWMF-Präsident Kreienberg.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: