Baerbock fordert humanitäre Feuerpausen in Gaza

Kairo – Außenministerin Annalena Baerbock hat eindringlich neue humanitäre Feuerpausen zur Versorgung der notleidenden palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen gefordert. Nötig sei eine deutlich weniger intensive, gezieltere Anti-Terror-Operation der israelischen Armee.
„Und wir brauchen mehr humanitäre Pausen, damit deutlich mehr Hilfe an die Menschen verteilt werden kann“, sagte die Grünen-Politikerin heute bei einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Samih Schukri in der neuen Hauptstadt von Kairo. Baerbock kündigte an, sie werde im Anschluss nach Rafah reisen, an den ägyptischen Grenzübergang zum südlichen Teil des Gazastreifens.
Von Rafah aus wird nach wie vor der Großteil der internationalen Hilfslieferungen in den Gazastreifen abgewickelt. Baerbock hatte Israel schon zu Beginn ihres Nahostbesuches vorgestern in Jerusalem aufgefordert, mehr Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung in Gaza zuzulassen.
„Die Rufe nach den legitimen Rechten der Palästinenser gibt es seit drei Jahrzehnten“ sagte Schukri. „Eine nur wörtliche Forderung nach einer Zweistaatenlösung wird dieses Ziel nicht erreichen.“ Die aktuelle Lage im Gaza-Krieg entwickle sich in Richtung einer „Vertreibung“ der Palästinenser, sagte Schukri. Die zwei Millionen Menschen in dem abgeriegelten Küstenstreifen würden „belagert“.
„Die israelische Armee muss mehr tun, um die Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu schützen“, sagte Baerbock. „Das Leid so vieler unschuldiger Palästinenser kann so nicht weitergehen“, sagte sie.
Mit Schukri habe sie sehr intensiv und sehr lange und vertraulich darüber gesprochen, wie man zu neuen humanitären Pausen kommen könne, „damit Menschen in Israel und in Palästina endlich in Frieden und in Sicherheit leben können“. Baerbock sprach sich auch erneut für eine Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern aus.
Baerbock und ihre Delegation fuhren im Anschluss zum Flughafen Kairo, um zunächst mit einer Bundeswehrtransportmaschine vom Typ A400M nach Al-Arisch an der Mittelmeerküste in der Nähe von Rafah zu fliegen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müssen mittlerweile im Gazastreifen Amputationen vorgenommen werden, obwohl die Gliedmaßen eigentlich gerettet werden könnten.
Dafür gebe es viele Gründe, sagten der WHO-Vertreter für die Palästinensischen Gebiete, Rik Peeperkorn, und der Koordinator der WHO-Notärzteteam, Sean Casey. Sie sprachen über eine Videoschaltung aus Jerusalem und Rafah im Süden des Gazastreifens mit der Presse in Genf.
Oftmals kämen die Verletzten zu spät an, weil sie die Krankenhäuser wegen andauernder Kämpfe nicht früher erreichen könnten, sagte Casey. Dort fehlten Spezialisten, etwa Gefäßchirurgen. Wegen der großen Not seien Krankenhäuser zudem überfüllt und Operationssäle für lebensrettende Operationen belegt.
Palästinensische Terrorgruppen haben am 7. Oktober Israel überfallen und rund 1.200 Menschen getötet sowie 240 Menschen verschleppt. Israel bekämpft sie seitdem mit massiven Angriffen. Nach palästinensischen Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, sind im Gazastreifen seit Oktober mehr als 23.000 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 50.000 sind nach WHO-Angaben teils schwer verletzt.
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