Politik

Befangenheitsantrag unterbricht Strafprozess gegen Gynäkologinnen

  • Donnerstag, 30. August 2018
Nora Szász, Frauenärztin, kommt zum Prozessauftakt in das Amtsgericht. Sie und eine weitere Ärztin müssen wegen mutmaßlicher Werbung für Schwangerschaftsabbrüche vor Gericht verantworten. /dpa
Nora Szász, Frauenärztin, kommt zum Prozessauftakt in das Amtsgericht. Sie und eine weitere Ärztin müssen wegen mutmaßlicher Werbung für Schwangerschaftsabbrüche vor Gericht verantworten. /dpa

Kassel – Der Prozess gegen zwei Frauenärztinnen aus Kassel wegen des Verdachts verbotener Werbung für Schwangerschaftsabbrüche ist gestern vorerst ohne Ergebnis unterbrochen worden. Die Anwälte der Gynäkologin Nora Szász stellten gegen den Vorsitzenden Richter des Amtsgerichts Kassel einen Befangenheitsantrag.

Es fehle das Vertrauen, dass rechtsstaatlich verhandelt werde, sagte sie. Die Verteidigung warf dem Richter mangelndes Aufklärungsinteresse vor. Auslöser war ein Antrag der Verteidigung gewesen, einen Sachverständigen zu den Folgen der Restriktion von Abtreibung zu hören. Der Richter hatte das wiederholt abgelehnt.

Szász und ihre Kollegin Natascha Nicklaus hatten auf der Internetseite ihrer Kasseler Praxis über angebotene Leistungen informiert, darunter auch Schwangerschaftsabbruch. Abtreibungsgegner hatten die Frauen daraufhin angezeigt wegen Verstoßes gegen den Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs. Dieser verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche.

Die Staatsanwaltschaft wertete den Befangenheitsantrag als ersichtlich unbegründet. Man könne die Besorgnis von Szász nicht nachvollziehen. Nun wird ein anderer Richter des Amtsgerichts entscheiden, ob der Vorwurf der Befangenheit berechtigt ist. Einen Termin für eine Fortsetzung der Verhandlung gab es noch nicht.

Das Verfahren ist das zweite Strafverfahren gegen Ärztinnen. Bereits im November verurteilte das Amtsgericht Gießen die Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6000 Euro. Die zunächst für die kommende Woche vorgesehene Verhandlung im Berufungsverfahren gegen die Gießener Medizinerin wurde zuletzt auf unbestimmte Zeit vertagt.

Die Grünen wiederholten gestern unterdessen ihre Forderung, den Paragraf 219a des Strafgesetzbuches zu streichen. „Was wir brauchen, ist eine klare politische Entscheidung für die Selbstbestimmung von Frauen und für die Rechtssicherheit von Ärztinnen und Ärzten“, sagte die Sprecherin für Frauenpolitik der Grünen-Bundesagsfraktion, Ulle Schauws.

Mit Blick auf einen Gesetzentwurf ihrer Partei für eine Streichung des Paragrafen sagte sie, eine Mehrheit aus Grünen, Linken, FDP und SPD könne „für Klarheit sorgen“. Linke, Grüne und SPD sind dafür, Paragraf 219a zu kippen. Die FDP schlägt sprachliche Korrekturen vor. Union und AfD wollen keine Änderungen.

dpa/afp/may

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