Bund will Cannabisgesetz nachbessern

Berlin – Wenige Wochen nachdem der Bundestag die Teillegalisierung von Cannabis zum 1. April beschlossen hat, soll es Änderungen am Gesetz geben. Das zeigt eine Formulierungshilfe für die Ampelfraktionen im Bundestag für eine Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinalcannabisgesetzes, die das Bundeskabinett verabschiedet hat.
Hintergrund ist eine Protokollerklärung, die der Bund in den Beratungen des Cannabisgesetzes im Bundesrat abgegeben hatte. Die Veränderungen sollen den Bedenken und Wünschen der Länder Rechnung tragen, heißt es in den Unterlagen, die der Formulierungshilfe beiliegen und die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen.
Demnach soll eine bisher geplante Evaluation der Folgen des Konsumcannabisgesetzes nicht nur die Auswirkungen der Konsumverbote auf den Kinder- und Jugendschutz im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes einbeziehen. Berücksichtigt werden sollen auch die Auswirkungen der Besitzmengen und der Weitergabemengen in Anbauvereinigungen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bekommt den Auftrag, ein Weiterbildungsangebot für die Suchtpräventionsfachkräfte der Länder und Kommunen zu entwickeln. Ziel soll es sein, Fachkräfte zu den Inhalten des Cannabisgesetzes und zu Präventionsangeboten zu informieren und „Kenntnisse zur Risikokommunikation“ zu vermitteln.
Mehr Flexibilität sollen die Länder in Bezug auf die Anbauvereinigungen erhalten. Das gilt etwa bei der Kontrolle oder auch der Genehmigung von Großanbauflächen für Konsumcannabis.
Ein weiteres Thema, mit dem sich der Bundestag befassen muss und das in dem Entwurf nicht adressiert wird, ist derzeit die Frage nach einem Grenzwert für den Wirkstoff THC im Straßenverkehr. Das Parlament muss klären, wie es mit Empfehlungen einer Expertenkommission umgehen will.
Nach einem Bericht der Augsburger Allgemeinen liegt ein erster Entwurf für eine Gesetzesregelung vor. Demnach soll künftig jeder eine Ordnungswidrigkeit begehen, der mit 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blut oder mehr am Steuer eines Kraftfahrzeugs sitzt.
Bisher gilt bei Cannabis die strikte Linie, dass schon beim bloßen Nachweis des Wirkstoffes Geldbußen oder Punkte drohen. Einen Grenzwert wie die 0,5-Promille-Marke für Alkohol gibt es nicht. In der Rechtsprechung hat sich aber ein niedriger Wert von 1 Nanogramm etabliert.
Eine Kommission des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) hatte Ende März einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm empfohlen. Dann sei „eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht fernliegend“. Dies sei mit einer Alkoholkonzentration von 0,2 Promille vergleichbar.
Einen Flickenteppich könnte es unterdessen auch bei Cannabisbußgeldern geben. Erste Bundesländer bereiten Bußgeldkataloge und weitere Vorschriften wie Verbotszonen etwa bei großen Festen vor. Kommen soll bald auch ein Grenzwert für Cannabis am Steuer, ebenfalls verbunden mit Bußgeldern bei Überschreitungen.
Zur Erinnerung: Besitz und Anbau der Droge sind nun für Volljährige zum Eigenkonsum erlaubt. Aber nur in begrenzten Mengen und mit Tabuzonen für den Konsum etwa auf Spielplätzen, in Schulen und in Sichtweite davon. Wer dagegen fahrlässig oder mit Vorsatz verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Und geahndet werden kann das laut Gesetz mit Bußen von bis zu 30.000 Euro. Das heißt aber nicht, dass es gleich so teuer wird.
Als untere Grenze sieht das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten einen Mindestbetrag von fünf Euro vor, wie das Bundesjustizministerium (BMJ) grundsätzlich erläutert. Die Höchstsumme ergibt sich aus der im Cannabisgesetz genannten Obergrenze. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt dann die zuständige Behörde die im Einzelfall angemessene Geldbuße, wie es weiter heißt. Und den Ländern stehe es auch frei, sich mit anderen interessierten Ländern zusammenzutun, um ein gemeinsames Vorgehen – etwa den Erlass eines Bußgeldkatalogs – zu erörtern.
Flickenteppich in den Ländern
Eine einheitliche Linie in ganz Deutschland zeichnet sich vorerst nicht ab. Bayern preschte vor und setzte schon einen Katalog mit Bußgeldern in Kraft – zum Beispiel 1.000 Euro für Cannabiskonsum in Gegenwart von Kindern. Zudem verbietet der Freistaat das Kiffen auf Volksfesten wie dem Oktoberfest und in Biergärten. Ziel sei, Cannabiskonsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen, sagte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Das sei wichtig besonders für den Kinder- und Jugendschutz.
In Hessen laufen in der Regierung Abstimmungen zur Einrichtung von Verbotszonen etwa für Großveranstaltungen, wie Innenminister Roman Poseck (CDU) mitteilte. Sein Ziel sei auch, zeitnah einen Katalog mit konkreten Bußgeldern festzulegen. Abstandsregeln etwa zu Kindergärten und Schulen sollen von der Polizei konsequent überwacht werden.
Auch Hamburg will bald einen Bußgeldkatalog beschließen. Zu Höhen gibt es noch keine Auskunft, dem Vernehmen nach dürften sie sich aber am bayerischen Katalog orientieren. „Natürlich wäre es sinnvoll, bei einem Bundesgesetz wie dem Cannabisgesetz, einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog festzulegen“, gab Innensenator Andy Grote (SPD) zu bedenken. In Baden-Württemberg stimmt sich die Regierung noch ab.
Beim Frühlingsfest in Stuttgart, das morgen beginnt, ist Kiffen laut Veranstalter tabu – denn das Fest ist auch für Kinder und Familien gedacht.
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