Politik

Lauterbach warnt vor Folgen von Cannabiskonsum auf Gehirnentwicklung

  • Dienstag, 14. Mai 2024
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD, rechts) kommt zu einer Diskussionsrunde am Käthe-Kollwitz-Gymnasium zur Teillegalisierung von Cannabis. /picture alliance, Britta Pedersen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD, rechts) kommt zu einer Diskussionsrunde am Käthe-Kollwitz-Gymnasium zur Teillegalisierung von Cannabis. /picture alliance, Britta Pedersen

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diskutierte heute mit Schülern des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums in Berlin- Prenzlauer Berg über die Teillegalisierung von Cannabis, die am 1. April in Kraft getre­ten ist.

Selbstbewusst, diskutierfreudig und gut informiert zeigten sich die 170 Schüler der 10. und 11. Klassen bei dem sogenannten Townhall-Meeting, in diesem Fall eine altehrwürdige Aula. Humorvoll, gut gelaunt und sendungsbewusst gab sich der Minister.

Lauterbach begann mit einer Erklärung darüber, warum er vom einstigen Cannabislegalisierungsgegner zu einem Befürworter des „schwierigen Gesetzes“ geworden ist. „Alle Justiz- und Innenminister der Länder waren gegen das Cannabisgesetz.“

Trotzdem sei die Teillegalisierung der Droge für Erwachsene notwendig gewesen, weil man nur so den Schwarzmarkt, die Drogenkriminalität und toxische Beimischungen aufhalten könne. Jetzt sei es möglich, durch die Enttabuisierung der Droge auch den Jugendschutz voranzutreiben.

„Deswegen kann ich jetzt hier sein und mit euch über die Gefährlichkeit von Cannabiskonsum sprechen – vorher war das nicht möglich“, sagte Lauterbach. Der Cannabiskonsum sei in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen, trotz aller Verbotsmaßnahmen sei allein zwischen 2011 und 2021 der Anteil der Cannabis­konsumierenden unter Kindern und Jugendlichen um 50 Prozent gestiegen, unter den 18- bis 25-Jährigen sogar um 100 Prozent.

Gleichzeitig sei auch der Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt der Droge gestiegen. Auf dem Schwarzmarkt werde Cannabis inzwischen mit einem THC-Gehalt von 14 Prozent angeboten. In den mit dem Cannabisgesetz ermöglichten Cannabisclubs – laut Lauterbach „eine Art Genossenschaftsmodell“ – dürfe der THC-Gehalt der Pflanzen dort nicht höher als zehn Prozent sein.

„Je höher der THC-Gehalt, also der Anteil der psychoaktiven Substanz von Cannabis, desto größer ist der Schaden gerade für ein junges Gehirn“, erklärte der Minister und Arzt. Studien hätten gezeigt, dass gerade 18- bis 21-Jährige sehr vulnerabel seien. „Bei Konsum mit hohem THC-Gehalt wird die Nachreifung des Gehirns geschädigt mit Folgen für das Aufmerksamkeits- und Erinnerungsvermögen und das exekutive Denken im Erwachsenenalter“, erläuterte er.

Auf die Frage einer Schülerin, warum die Droge denn dann nicht erst ab 25 Jahren freigegeben worden sei, wenn das Gehirn ausgereift sei, antwortete Lauterbach: „Die 18- bis 24-jährigen hätten sich dann auf dem Schwarzmarkt mit Cannabis mit hohem THC-Gehalt versorgt, obwohl sie besonders gefährdet sind.“

Die Schülerin wollte zudem wissen, wie der THC-Gehalt der Pflanzen in den Cannabisclubs denn gemessen werde. Die dort angebauten Pflanzen würden zur Testung in ein Labor geschickt. Wie genau das organisiert werde, sei Sache der Bundesländer.

Ein Schüler fragte, wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) denn gerade junge Personen über die Risiken des Cannabiskonsums aufklären wolle. Ob es nicht sinnvoll sei, die Aufklärung auch in den Lehrplan zu übernehmen, denn an den Schulen „passiert ganz viel“.

Lauterbach erklärte, dass er ein großes Interesse daran hätte, wenn es an Schulen ein Fach Gesundheit geben würde, doch als Bundesgesundheitsminister wolle er sich nicht in die Bildungs- und Schulpolitik einmischen.

Das war dem Schüler zu wenig Verbindlichkeit: „Sie tragen eine Verantwortung dafür, dass die Lehrerinnen und Lehrer uns über die Risiken des Konsums aufklären. Das tun sie nämlich meistens nicht, weil sie gesell­schaftspolitisch immer noch im Denken früherer Jahrzehnte verhaftet sind.“

Lauterbach stellte klar, dass ihm mehr Geld für Bildung und für mehr Lehrer sehr wichtig sei. Auch aus persönlichen Gründen, denn seine jüngste Tochter besuche ein Gymnasium in der Nähe. Für Prävention und Aufklärungskampagnen sei aber das neue Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) zuständig, das die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in dieser Aufgabe ablöse.

Der Bundesgesundheitsminister wies vor den Schülern besonders auf eine mit dem Cannabisgesetz geregelte Erhöhung des Strafmaßes auf mindestens zwei Jahre Haft für die illegale Abgabe von Cannabis an Minder­jährige hin.

„Der große Bruder wird sich zweimal überlegen, ob er auf dem Schulhof Cannabis verkauft. Er kommt dann mit einer Bewährungsstrafe nicht mehr davon“, sagte er. Auch das Strafmaß für reguläre Dealer sei auf nen­nenswerte zwei Jahre Mindestmaß erhöht worden.

Schließlich fragte ein Schüler, ob die Legalisierung weiterer Drogen seitens des Gesetzgebers geplant sei. Darauf hatte Lauterbach eine klare Antwort: „Das haben wir auf absehbare Zeit nicht vor“.

Seit dem 1. April können Erwachsene öffentlich 25 Gramm Cannabis bei sich führen und zu Hause 50 Gramm lagern. Für Kinder und Jugendliche bleibt der Konsum verboten. Dazu kann jede Person drei weibliche Pflan­zen zu Hause halten.

Außerdem können ab dem 1. Juli bis zu 500 Personen gemeinschaftlich in sogenannten Cannabisclubs Pflan­zen züchten. Clubmitglieder dürfen dann 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm im Monat beziehen. Bei 18- bis 21-Jährigen dürfen es nur bis zu 30 Gramm im Monat sein mit einem maximalen Gehalt von zehn Prozent THC.

PB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung