Bundesärztekammer drängt auf Gesetzentwurf zu iMVZ

Berlin – Die Ärzteschaft warnt seit Jahren vor den Folgen einer fortschreitenden Kommerzialisierung in der ambulanten Medizin. Der Bundesrat befasst sich morgen mit einer Initiative der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein für eine stärkere Regulierung von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Die Bundesärztekammer (BÄK) mahnte heute zur Eile.
„Wir beobachten seit einigen Jahren, dass international tätige Finanzinvestoren in das Geschäft mit Medizinischen Versorgungszentren einsteigen und ihr Engagement mit hohen Renditeerwartungen verknüpfen“, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt.
Dadurch steige das Risiko, dass es in der ambulanten Versorgung zu einer Fokussierung auf besonders attraktive Standorte und lukrative Leistungen komme, während Patienten, die eine komplexe, zuwendungsorientierte Versorgung benötigten, das Nachsehen hätten.
„Wir halten es deshalb für dringend erforderlich, MVZ als sinnvolle Ergänzung der ambulanten Versorgung vor rein renditeorientierter Einflussnahme durch fachfremde Finanzinvestoren zu schützen“, betonte Reinhardt.
Die Bundesratsinitiative, die die drei Bundesländer unter Federführung Bayerns auf Basis eines einvernehmlichen Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) erarbeitet hatten, sieht aus Sicht der BÄK sachgerechte Regelungen vor.
„Der Antrag greift viele der Vorschläge auf, die die Bundesärztekammer in einem Positionspapier Anfang dieses Jahres unterbreitet hat“, so Reinhardt. Er plädiert dafür, dass entsprechende Regelungen bereits in das Versorgungsgesetz I aufgenommen werden. Der Gesetzentwurf gegen die Kommerzialisierung solle „noch vor der Sommerpause kommen“.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung verwies heute in einer Untersuchung auf einen hohen Kostendruck, der häufig für schlechte Arbeitsbedingungen an Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sorge.
Die Rede ist von vielen Überstunden und einer hohen Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten, von denen viele nicht einmal nach Tarif bezahlt würden. Als Folge würden vor allem nichtärztliche Beschäftigte häufig abwandern, was dann zu Personalmangel führe.
In der Untersuchung wird darauf hingewiesen, dass Medizinische Versorgungszentren häufig von Privatinvestoren übernommen würden. Diese „trimmen sie auf maximalen Gewinn und verkaufen sie nach kurzer Zeit weiter“, hieß es dazu weiter. Aber auch anderen Betreibern von MVZ wie etwa Kliniken gehe es in erster Linie um möglichst niedrige Kosten.
„Der Kostendruck wirkt sich negativ auf die Arbeitsbedingungen sowie die Vergütung der Beschäftigten in MVZ aus“, erklärten dazu Katharina Schöneberg und Katrin Vitols vom Beratungsunternehmen wmp consult, die Struktur und wirtschaftliche Entwicklung der Branche untersucht haben. In den MVZ sind Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen unter einem Dach ambulant tätig.
Seit ihrer Einführung im Jahr 2004 ist die Zahl der MVZ laut der Studie kontinuierlich gestiegen. Habe es im ersten Jahr nur 70 solcher Zentren gegeben, seien dies Ende 2020 bereits über 3.800 gewesen. Zu diesem Zeitpunkt waren demnach knapp 24.000 Ärzte in Versorgungszentren tätig. In Einzelpraxen seien es gut 50.000 und in Gemeinschaftspraxen gut 90.000 Mediziner gewesen.
Die Situation der Beschäftigten ist laut Analyse dabei unterschiedlich. So würden die angestellten Ärztinnen und Ärzte davon profitieren, dass sie im Vergleich zur Freiberuflichkeit weniger mit Bürokratie zu tun haben, kein unternehmerisches Risiko tragen und ihre Arbeitszeiten flexibler gestalten können.
Demgegenüber klagten Befragte aus dem nichtärztlichen Bereich häufiger über eine schlechte Bezahlung, über hohe emotionale und körperliche Belastungen und wachsenden Zeitdruck. Arbeitnehmervertretungen gebe es in den MVZ zudem bislang nur selten.
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