Ärzteschaft

Bundesärztekammer mahnt zur Eile beim Suizidpräventions­gesetz

  • Freitag, 3. Mai 2024
/Zerbor, stock.adobe.com
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Berlin – Ein umfassendes Suizidpräventionsgesetz muss noch in der laufenden Legislaturperiode angegangen werden und sollte nicht lange auf sich warten lassen. Das mahnt die Bundesärztekammer (BÄK) an.

Gestern hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Nationale Suizidpräventionsstrategie vorgestellt, die der Bundestag im vergangenen Jahr – ebenso wie ein Suizidpräventionsgesetz - fraktionsüber­greifend fast einstimmig gefordert hatte.

„Nur die gesetzliche Verankerung der Suizidprävention sorgt für die notwendige dauerhafte finanzielle Absi­cherung der einzelnen Maßnahmen“, ist BÄK-Präsident Klaus Reinhardt überzeugt. Der gestern vorgelegte Maßnahmenkatalog sei ein erster überfälliger Schritt für eine nachhaltige Stärkung der Suizidprävention.

Etliche Aspekte der Strategie bedürften aber der Konkretisierung, sagte Reinhardt. So sei beispielsweise im Hinblick auf die vorgesehene Koordinierungsstelle aufzuzeigen, welche personelle sowie finanzielle Ausstat­tung notwendig sei, um den vielfältigen Aufgaben im Rahmen der Strategie nachzukommen.

Der im Bundesgesundheitsministerium ausgearbeiteten Strategie zufolge soll die geplante zentrale, bundes­weite Koordinierungsstelle für Suizidprävention in den kommenden Jahren betroffene Menschen, deren Angehörige und Fachkräfte über eine bundesweite Webseite zu dem Thema Suizid informieren und mit vertieften Informationen zu Hilfeangeboten und zu Angeboten der Suizidprävention versorgen.

Ferner sollen über sie Maßnahmen zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und zur Enttabuisierung der Themen Sterben, Tod und Suizid ergriffen werden. Auch Fachkräfte im Gesundheitswesen und in der Pflege sollen künftig verstärkt geschult werden. Zudem soll das Monitoring von Suizidversuchen und Suiziden ausgebaut werden.

Weitere Kernpunkte der Strategie sind neben der Koordinierungsstelle die Etablierung einer zentralen deutschlandweiten Krisendienstnotrufnummer sowie „methodenbegrenzende“ Maßnahmen, wie die stärkere Sicherung von bestimmte Orte wie Brücken oder Bahnstrecken, die zum Suizid benutzt werden.

Die Bundesärztekammer befürwortet viele Ansätze, insbesondere diejenigen zum Handlungsfeld Gesundheits­kompetenz und Empowerment. Aus Sicht der BÄK fehlt der Strategie jedoch eine klare Zuordnung, wie bereits vorhandene und gut funktionierende Strukturen der Suizidpräventionsangebote und deren Fortbestand finanziell gesichert werden sollen – nicht zuletzt auch um Doppelstrukturen zu vermeiden.

Ähnliches Feedback kam auch von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: „Mit weni­gen Mitteln kann bei der Suizidprävention noch viel erreicht werden - vor allem, wenn man bedenkt, wie viel Geld für die Verhinderung von Verkehrstoten ausgegeben wird, obwohl durch Unfälle zwei Drittel weniger Menschen versterben", erklärte der Vorstandsvorsitzende Ulrich Hegerl.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen, wie die Etablierung einer bundesweiten Rufnummer für Menschen in aku­ten suizidalen Krisen oder die systematische Erhebung von Suizidversuchen, hält auch der Psychiater für wichtig. Er kritisierte aber, dass die Versorgungssituation psychisch erkrankter Menschen zu wenig im Blick sei und verbessert werden müsse.

Zum Hintergrund: Mit großer Mehrheit hatte der Bundestages im Juli 2023 einen Entschließungsantrag zur Stärkung der Suizidprävention angenommen, während die verschiedenen Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidbeihilfe scheiterten. Der Antrag forderte die Bundesregierung auf, in diesem Jahr ein Konzept und einen Gesetzentwurf vorzulegen, wie zeitnah bestehende Strukturen und Angebote der Suizidprävention unterstützt werden können.

Denn Problematik ist groß: In Deutschland sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Mord, AIDS/HIV und illegale Drogen zusammen, durchschnittlich täglich mehr als 25 Personen. Im Jahr 2022 lag die Zahl der Suizide erstmals seit acht Jahren wieder höher als 10.000, das entspricht einer Steigerung von 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (Statistisches Bundesamt, 2023).

ER

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