Bundeskabinett beschließt Hilfen für misshandelte Heimkinder
Berlin – Das Bundeskabinett hat heute nach langwierigen Verhandlungen Hilfen für Menschen beschlossen, die als Kinder oder Jugendliche in der Zeit von 1949 bis 1975 in der Bundesrepublik Deutschland oder von 1949 bis 1990 in der DDR in Heimen der Behindertenhilfe oder in der Psychiatrie misshandelt worden sind. Die Organisation dieser Hilfen soll eine neue Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ übernehmen.
„Für die betroffenen Menschen, die seit Jahren für Entschädigung sowie die Anerkennung ihres Unrechts kämpfen, ist das eine gute Nachricht. Sie erhalten ab kommendem Jahr eine Geldpauschale in Höhe von 9.000 Euro sowie Rentenersatzleistungen von 3.000 Euro beziehungsweise 5.000 Euro für die Arbeitsleistungen während ihrer Zeit in den Einrichtungen“, sagte der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Uwe Schummer.
Scharfe Kritik an dieser Regelung übte Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Es ist überaus beschämend, dass die Betroffenen deutlich geringere finanzielle Leistungen erhalten als ehemalige Heimkinder aus der Kinder- und Jugendhilfe. Leider waren der Politik Kostenerwägungen wichtiger als eine angemessene Anerkennung des Unrechts“, sagte sie.
Menschen, die in Behindertenheimen und Psychiatrien waren, hätten vielfach unermessliches Leid und Unrecht erlebt. „Ihre Ungleichbehandlung ist durch nichts zu rechtfertigen. Den Betroffenen wird damit, nach den Misshandlungen in den Einrichtungen und der Nicht-Berücksichtigung bei den bestehenden Heimkinderfonds, erneut Unrecht zugefügt“, so Rüffer.
Kerstin Tack, Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen der SPD-Bundestagsfraktion, wies daraufhin, dass es bis spätestens April 2017 regionale Anlauf- und Beratungsstellen geben werde, die bei der Antragstellung und persönlichen Verarbeitung des Geschehenen behilflich sein sollen. Betroffene könnten sich dort bis Ende 2019 anmelden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Stiftungsarbeit werde sein, das damals verübte Unrecht wissenschaftlich aufzuarbeiten.
Bereits seit dem Jahr 2012 existieren die Fonds „Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975“ und „Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990“. Träger dieser beiden Fonds sind Bund, Länder und Kirchen. Schon damals war bekannt, dass es in Heimen der Behindertenhilfe und in stationären Psychiatrien ebenfalls zu Missbrauch und Gewalthandlungen gekommen war. Die Betroffenen wurden damals jedoch nicht in die Fonds „Heimerziehung“ einbezogen. Der Deutsche Bundestag hatte daher schon im Juli 2011 die Bundesregierung aufgefordert, auch für diese Menschen Hilfen auf den Weg zu bringen.
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