Bundesregierung plant keine Nachbesserungen bei Heil- und Hilfsmittelversorgung

Berlin – Die Große Koalition plant keine konkreten Nachbesserungen bei der Heil- und Hilfsmittelversorgung. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag. Die durch das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) geschaffenen Regelungen hätten „die Qualität der Hilfsmittelversorgung gesichert und entwickelt“, schreibt das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Man wolle den Umsetzungsprozess mit „großerAufmerksamkeit begleiten“.
Die Grünen sind empört, zumal es bei der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zuletzt gerade bei Inkontinenzprodukten und der Stomaversorgung zu Problemen gekommen war. Sie werfen der Bundesregierung vor, die Probleme zu sehen, aber nicht zu handeln. Ziel des HHVG sei es gewesen, die Qualität der Hilfsmittelversorgung nachhaltig zu steigern, betonte Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen. Doch wie die Antworten zeigten, bleibe die Qualität der Hilfsmittelversorgung auch mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des HHVG teils mangelhaft.
Probleme werden ingnoriert
„Bei den Ausschreibungen regiert weiterhin der Preis. Neue Vorgaben zur stärkeren Gewichtung qualitativer Zuschlagkriterien werden von den Kassen systematisch umgangen“, bemängelte Klein-Schmeink. Sie warf der Bundesregierung vor, dieses Problem durchaus zu sehen, gleichzeitig aber kein Interesse zu zeigen, inhaltliche Mängel am Gesetz zu beseitigen. Die Grünen-Politikerin sieht die Chance vertan, mit klaren Regelungen bestimmte Produktgruppen individuell anzupassender Hilfsmittel nicht über Ausschreibungsverfahren in die Patientenversorgung einzubeziehen. Auch mangele es weiterhin beim Wahlrecht der Versicherten, der Beratungspflicht der Leistungserbringer oder der Informationspflicht der Krankenkassen.
Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort mehrfach darauf hin, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen ausreichen. Ob dagegen von den Krankenkassen verstoßen werde, sei von den Aufsichtsbehörden zu klären. So sei zum Beispiel keine allgemeine Aussage zu treffen, für welche Produktgruppen Ausschreibungen unzweckmäßig seien.
Die Bundesregierung wies weiter darauf hin, dass Versicherten mit den aktuellen Fristenregelungen ausreichende Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Krankenkassen müssten bei einem Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels innerhalb von drei Wochen, bei Einholung von gutachterlichen Stellungnahmen innerhalb von fünf Wochen nach Antragstellung entscheiden.
Verzögere sich die Entscheidung der Krankenkasse, müsse die Kasse dem Versicherten rechtzeitig schriftlich einen hinreichenden Grund mitteilen. Werden die Fristen überschritten, ohne dem Versicherten einen hinreichenden Grund mitzuteilen, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Der Versicherte könne sich dann die erforderliche Leistung selbst beschaffen und die Krankenkasse sei zur Kostenerstattung verpflichtet, so das Ministerium.
Der Bundesregierung zufolge wurden 2015 nach einer Analyse des IGES-Instituts rund 12,5 Prozent der Anträge erstinstanzlich abgelehnt. Grundlage seien Daten von 23 Krankenkassen. Angaben zur Zahl der Widersprüche sowie zum Erfolg der Widersprüche konnten laut BMG nur sechs der teilnehmenden Krankenkassen machen. Bei diesen habe die durchschnittliche Widerspruchsquote rund 9,3 Prozent betragen. Die Quote der erfolgreichen Widersprüche lag durchschnittlich bei rund 38,8 Prozent, „wobei die Varianz zwischen den Krankenkassen zwischen 1,2 Prozent bis 72,4 Prozent betrug“, wie es hieß.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: