Bundestag beschließt PsychVVG

Berlin – Der Deutsche Bundestag hat gestern das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen“ (PsychVVG) in den Kliniken beschlossen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) äußerte sich zufrieden: „Mit Mindestpersonalvorgaben stärken wir die menschliche Zuwendung. Behandlungen mit hohem Aufwand sollen künftig besser vergütet werden, und durch besondere Behandlungsteams im häuslichen Umfeld gewährleisten wir, dass Menschen in akuten Krankheitsphasen noch besser versorgt werden.“
Mit dem Gesetz wird außerdem eine Neuausrichtung des Vergütungssystems für psychiatrische und psychosomatische Leistungen vorgenommen. Ziel ist eine leistungsorientierte Finanzierung, die die Transparenz über die Versorgung verbessern soll. Die Ausgestaltung des Entgeltsystems erfolgt weiter als Budgetsystem.
Auch künftig können psychiatrische und psychosomatische Kliniken ihr Budget individuell mit den Krankenkassen verhandeln, wobei die regionalen oder strukturellen Besonderheiten berücksichtigt werden. Die Möglichkeit für die Krankenhäuser, das Entgeltsystem auf freiwilliger Basis anzuwenden, also die sogenannte Optionsphase, wird zudem um ein Jahr verlängert. Der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) soll zur Abbildung einer leitliniengerechten Versorgung weiterentwickelt werden.
Kritik an verbindlichen Personalvorgaben
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird gesetzlich damit beauftragt, bis 30. September 2019 verbindliche Mindestpersonalvorgaben in den Einrichtungen festzulegen, die ab 2020 zu einer leitlinienorientierten Versorgung beitragen sollen.
Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken sieht mit verbindlichen Personalvorgaben allerdings „die Versorgungssicherheit psychisch Kranker gefährdet. „Es ist keinesfalls sicher, dass es diese Fachkräfte 2020 auf dem Arbeitsmarkt geben wird – wenn nicht, haben die Kliniken keine andere Chance, als ihre Kapazitäten zu reduzieren“, erklärte Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Schon heute hätten zwei Drittel aller psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser Probleme, offene Arztstellen zu besetzen, ein Drittel könne offene Stellen in der Pflege nicht füllen.
Die Einrichtungen müssen darüber hinaus gegenüber den Kostenträgern nachweisen, ob sie die Gelder, die sie für Personal verhandelt haben, auch vollständig für diesen Zweck verwendet haben. „Wir begrüßen, dass Mittel aus Personalbudgets nicht mehr für andere Zwecke eingesetzt werden dürfen“, betonte der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Dietrich Munz. Mit dieser Vorgabe könne auch besser eingeschätzt werden, ob die verhandelten Mittel ausreichten, um die vorgegebenen Standards zu erfüllen.
Das PsychVVG sieht weiter vor, dass die Krankenhäuser von 2017 bis 2019 Geld für nicht besetzte Stellen nachverhandeln können, wenn die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung unterschritten wurden. Darüber hinaus ist ein leistungsbezogener Krankenhausvergleich vorgesehen, „um Transparenz und Leistungsorientierung herzustellen“, der explizit zwischen Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie unterscheidet. Die besonderen Anforderungen in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sollen zudem in den krankenhausindividuellen Budgets berücksichtigt werden.
Einbindung von Niedergelassenen beim „Home-Treatment“
Mit dem PsychVVG wird nach Vorstellung des Gesetzgebers „die sektorenübergreifende Versorgung gestärkt werden“, indem eine psychiatrische Behandlung für schwer psychisch kranke Menschen im häuslichen Umfeld („home treatment“) als Krankenhausleistung eingeführt wird. Dabei können ambulante Leistungserbringer einbezogen werden, wenn dies „der Behandlungskontinuität dient oder wegen der Wohnortnähe sachgerecht ist“. Das Home-Treatment war im Vorfeld stark kritisiert worden: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sprach von einer „nicht mit der Regelversorgung vernetzten Öffnung der Krankenhäuser“ und hatte gefordert, niedergelassene Psychiater obligat miteinzubinden.
Schließlich sieht das PsychVVG vor, dass auch psychiatrische Krankenhäuser mit psychosomatischen Fachabteilungen künftig Patienten, die der Behandlung in einer psychosomatischen Ambulanz bedürfen, ambulant behandeln können. Dies bedarf einer Überweisung durch einen Facharzt für Psychosomatische Medizin oder solcher „mit äquivalenter (Zusatz)Weiterbildung“.
Kurz vor Schluss wurde in das PsychVVG noch ein Antrag über ein Modellvorhaben zur Therapie von Patienten mit pädophilen Sexualstörungen aufgenommen, der den GKV-Spitzenverband verpflichtet, fünf Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung soll dabei sicherstellen, dass die Therapieangebote möglichst wirksam sind.
Die neuen Regelungen sollen überwiegend zum 1. Januar 2017 in Kraft treten und bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates.
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