Leutheusser bittet bei Beschneidungs-Gesetz um Geduld

München/Berlin – Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat Erwartungen an eine rasche gesetzliche Regelung religiöser Beschneidungen gedämpft. Ein solches Gesetz bedürfe intensiver Vorbereitung, sagte sie heute im Bayerischen Rundfunk.
„Mit einem Schnellschuss ist doch niemand gedient.“ Die Ministerin wies darauf hin, dass das umstrittene Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts eine „Einzelfallentscheidung“ gewesen sei: „Man sollte nicht so tun, als hätte dieses Urteil weitgehende Bindungswirkung.“
Die Bundesregierung prüft nach Leutheusser-Schnarrenbergers Worten eine gesetzliche Klarstellung im Familienrecht, beim Sorgerecht oder im Patientenrechtegesetz. Das sei aber nicht so einfach: „Man kann nicht einfach pauschal sagen: Jeder religiös motivierte Eingriff ist immer erlaubt“, sagte die Ministerin. Eine Neuregelung könne Auswirkungen haben, „die bestimmt von niemandem gewollt sind“, sagte sie. „Niemand möchte die Genitalverstümmelung von Mädchen in unser Gesetz aufnehmen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte laut Berichten im CDU-Vorstand vor einem Beschneidungsverbot. Die Bild-Zeitung und die Financial Times Deutschland zitierten die Kanzlerin übereinstimmend mit den Worten: „Wir machen uns ja sonst zur Komikernation.“ Sie wolle nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, wo Juden nicht ihre Riten ausüben dürften.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin zu, dass die Bundesregierung „intensiv auf eine zügige Lösung“ hinarbeite. Die Beschneidung aus religiösen Gründen, wie sie etwa im Judentum praktiziert wird, müsse straffrei bleiben. „Wir sind sehr froh, dass jüdisches Leben in Deutschland wieder eine Heimat gefunden hat.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe begrüßte die Initiative, im Bundestag eine fraktionsübergreifende Initiative zur Beschneidung zu verabschieden. Dafür böte sich die Sondersitzung am Donnerstag an.
Auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sprach sich für eine rechtliche Regelung zur Beschneidung aus. Die Ministerin sei „der Überzeugung, dass verantwortungsvoll durchgeführte Beschneidungen von Jungen, die dem Kindeswohl Rechnung tragen, in Deutschland möglich sein müssen“, hieß es in einer Erklärung ihres Ministeriums. Gleichzeitig betonte die Ministerin, dass sie dabei keiner Regelung zustimmen könne, „die die weibliche Genitalverstümmelung nicht rechtssicher ausschließt“.
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