Politik

Fraktionen: Gesetzentwurf zu Beschneidungen möglichst im Herbst

  • Dienstag, 17. Juli 2012

Berlin – Die Bundesregierung soll nach dem Willen der Bundestagsfraktionen rasch einen Gesetzentwurf zum Thema Beschneidungen auf den Weg bringen. In einer ersten Fassung eines fraktionsübergreifenden Entschließungsantrags wird die Bundesre­gierung aufgefordert, möglichst im Herbst einen entsprechenden Entwurf vorzulegen, wie am Dienstag aus Parlamentskreisen erfuhr.

Die fraktionsübergreifende Initiative wurde am Dienstag noch abgestimmt. Der Bundes­tag soll am Donnerstag darüber entscheiden. Bei den Grünen wurde betont, dass eine endgültige Entscheidung der Fraktion zu dem Entschließungsantrag noch ausstehe. Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck sagte dem Tagesspiegel vom Mittwoch, er werde seiner Fraktion empfehlen, eine gemeinsame Resolution mitzutragen, „sofern der Text vernünftig ist”. Der SPD-Rechtsexperte Burkhard Lischka sagte der Zeitung Welt vom Mittwoch: „Ich sehe gute Chancen, dass es zu einem interfraktionellen Entschließungs­antrag kommt."

Ein Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion sagte mit Blick auf den geplanten Ent­schließungs­antrag, die Fraktion habe sich noch kein Urteil gebildet. Die Abgeord­neten würden in der für Donnerstagvormittag angesetzten Fraktionssitzung über das Thema beraten.

Nach Informationen des Tagesspiegel enthält die Resolution neben der Botschaft, dass hierzulande auch künftig Beschneidungen an Jungen möglich und straffrei sein sollten, einen Passus gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen, die weiterhin mit aller Kraft bekämpft werden müsse. Die Resolution sei „auf gutem Wege”, sagte FDP-Fraktions­geschäftsführer Jörg van Essen der Zeitung. Der Rechtsausschuss wolle sich am Mittwochabend erstmals mit der komplexen Materie einer gesetzlichen Regelung befassen.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte am Montag Erwartungen an eine rasche gesetzliche Regelung religiöser Beschneidungen gedämpft. Ein solches Gesetz bedürfe intensiver Vorbereitung, so die Ministerin. Die Bundesre­gierung prüfe eine gesetzliche Klarstellung im Familienrecht, beim Sorgerecht oder im Patientenrechtegesetz.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zugleich betont, dass die Bundesregierung „intensiv auf eine zügige Lösung” hinarbeite. Die Beschneidung aus religiösen Gründen, wie sie etwa im Judentum praktiziert wird, müsse straffrei bleiben.

Ausgelöst wurde die Debatte durch ein Urteil des Kölner Landgerichts. Das Gericht hatte die Auffassung vertreten, die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen sei als Körperverletzung strafbar. Das für andere Gerichte nicht verbindliche Urteil stieß vor allem bei islamischen und jüdischen Verbänden in In- und Ausland auf scharfe Kritik.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) betonte dagegen das Recht eines Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Beschneidungen könnten „auch zu lebenslangen körperlichen und vor allem seelischen Verletzungen führen”, erklärte Verbandspräsident Wolfram Hartmann am Dienstag in Köln.

„Für die Politik scheint der Rechtsfrieden mehr zu zählen als das persönliche Trauma", fügte er hinzu. „Die Kinder- und Jugendärzte appellieren daher eindringlich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, sich bei ihrer Abstimmung am Donnerstag dieser Verantwortung für das Kindeswohl bewusst zu sein.”

afp

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