Cannabislegalisierung: Bundesärztekammer für namentliche Abstimmung

Berlin – Bei der geplanten Legalisierung von Cannabis geht es um eine wichtige gesellschaftliche Weichenstellung, bei der „die Fraktionsdisziplin gegenüber der persönlichen Verantwortung der Abgeordneten zurücktreten muss“. Dies betonte heute Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK).
Eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken sei nicht nur aus ärztlicher Sicht abzulehnen, auch innerhalb der Ampelkoalition gebe es Vorbehalte und gute Argumente gegen die Freigabe in der geplanten Form, so Reinhardt. Deshalb sei es richtig, wenn das Parlament über dieses Gesetz in namentlicher Abstimmung entscheide.
Bereits im Dezember hatte die BÄK gemeinsam mit einem breiten Bündnis von Fachverbänden aus dem Gesundheitswesen, der Pädagogik, der Justiz und dem Sicherheitsbereich alle Abgeordneten persönlich angeschrieben und nachdrücklich darum gebeten, dem Gesetz nicht zuzustimmen. „Hier sind nicht nur die Fachpolitiker gefragt, sondern jedes einzelne Mitglied des Bundestages“, betonte Reinhardt.
Schlechter Kompromiss
Der Gesetzentwurf der Ampelfraktionen zur Cannabislegalisierung ist auch nach Ansicht von Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens an mehreren Stellen problematisch. „Der nun vorliegende Entwurf ist Murks, denn es ist ein schlechter Kompromiss“, sagte die SPD-Politikerin.
Deshalb werde der Gesetzentwurf auch von zahlreichen Seiten kritisiert, so Behrens. „Alle guten Hinweise“ – zum Beispiel von den Kinder- und Jugendärzten, den Polizeien der Länder, der Justiz und auch den Suchtberatungsstellen – seien fast vollständig ignoriert worden, kritisierte die Ministerin.
„Und daher kann man zumindest aus heutiger Sicht der Polizei sagen: Das Gesetz ist nicht praxistauglich“, so die SPD-Politikerin. Das eigentliche Ziel, mit einer gesteuerten Abgabe zahlreiche Verbesserungen und Entlastungen zu erreichen, werde so in der Praxis fehlschlagen.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, angesichts der deutlichen Kritik auch aus der eigenen Partei das umstrittene Vorhaben zu stoppen. „Die Bundesregierung darf die Warnungen auch von Ärzten sowie aus der Polizei und Justiz nicht länger ignorieren.“ Es sei unverantwortlich, die gesundheitlichen Risiken durch Cannabis insbesondere für junge Menschen zu verharmlosen.
Die Ampelkoalitionsfraktionen hatten sich kürzlich auf Details einer kontrollierten Freigabe verständigt. Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen der Droge sollen demnach für Volljährige ab 1. April erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden.
Cannabis soll im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Vorgesehen sind zahlreiche Regeln und Vorgaben. Erwartet wird, dass das Gesetz voraussichtlich in der kommenden Woche im Bundestag beschlossen werden soll.
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