CDU rückt von Arzneiversandverbot ab

Berlin – Die CDU scheint von dem geplanten Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel abzurücken. Darauf lässt ein Interview schließen, das der stellvertretende gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Michael Hennrich, gestern der Deutschen Apothekerzeitung gab.
Darin beklagt er, dass die Große Koalition bei der Umsetzung des Versandverbots nicht vorankomme. Dieser Stillstand verschaffe den Versandhändlern aus der Europäischen Union (EU) Wettbewerbsvorteile zulasten von Versand- und Präsenzapotheken in Deutschland. Statt ein Versandverbot einzuführen, schlägt Hennrich vor, den Krankenkassen zu ermöglichen, mit ausländischen Versandapotheken Versorgungsverträge zu schließen.
Grundlage: EuGH-Urteil
Im Oktober 2016 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die in Deutschland geltenden einheitlichen Abgabepreise für verschreibungspflichtige Medikamente halten müssen. Damit dürfen diese im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen Apothekenkunden Rabatte einräumen. Als Reaktion auf diese Wettbewerbsverzerrung hatte sich der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für ein Versandverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel eingesetzt. Unterstützt wurde er dabei von Michael Hennrich.
SPD und Bündnis 90/Die Grünen hatten sich gegen ein Versandverbot ausgesprochen. Zum einen zweifelten sie daran, dass ein Verbot mit Europarecht vereinbar ist. Zum anderen warnte die SPD, dass ein Verbot beispielsweise auch deutsche Versandapotheken einschränke, die sich auf die Lieferung von besonderen Medikamenten spezialisiert hätten. Die Union setzte sich in den Koalitionsverhandlungen gegen die SPD durch.
Rabatte sollen Kassen zugutekommen
Jetzt plädiert der CDU-Arzneimittelexperte Hennrich dafür, dass die von ihm vorgeschlagenen Versorgungsverträge mit deutschen Krankenkassen für die EU-Versandapotheken verpflichtend werden, wenn sie verschreibungspflichtige Arzneimittel an Kunden in Deutschland versenden wollten.
Nach Ansicht von Hennrich hat das den Vorteil, dass Einsparungen aus Rabatten, die die Versandapotheken gewähren, der Solidargemeinschaft zugutekommen und nicht den einzelnen Apothekenkunden. Die Krankenkassen will Hennrich wiederum verpflichten, die durch Rabatte erzielten Einsparungen in die Unterstützung kleiner oder ländlicher Apotheken sowie innovativer Versorgungsmodelle zu investieren. Hennrich sprach sich dafür aus, ergebnisoffen darüber zu diskutieren, ob man einen solchen Weg einschlagen könnte.
In einer ersten Reaktion auf Hennrichs Interview erklärte Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen), dieser beklage den Stillstand zurecht. Der Vorschlag des CDU-Politikers sei jedoch rechtlich ebenso fragwürdig wie ein Versandverbot. Außerdem greife er zu kurz.
Die Grünen hätten bereits im März 2017 einen Antrag zur Zukunft der Arzneimittelversorgung in den Bundestag eingebracht, der unter anderem eine Reform des Apothekenhonorars vorsieht, die die direkte Beratung und damit die Apotheke vor Ort fördere.
Außerdem schlagen die Grünen darin vor, einen umlagefinanzierten Sicherstellungsfonds zur Unterstützung der Versorgung in ländlichen und sozial benachteiligten Regionen einzurichten. Hennrich dagegen erreiche mit individuellen Abrechnungsverträgen einzelner Krankenkassen mit ausländischen Versandapotheken vermutlich genau das Gegenteil, erklärte Schulz-Asche.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: