Politik

Gröhe hält an Versandhandels­verbot für verschreibungs­pflichtige Arzneimittel fest

  • Donnerstag, 14. September 2017
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Düsseldorf – Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) steht fest zum Verbot des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel und will sich im Streit um das geplante Vorhaben notfalls auch mit Brüssel anlegen. „Es gibt im Gesundheits­wesen nationale Kompetenzen und wir erwarten, dass sie von Brüssel auch akzeptiert werden“, sagte Gröhe beim Deutschen Apothekertag 2017 in Düsseldorf.

Das von Gröhe geplante Verbot ist eine Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die Richter hatten im Oktober vergangenen Jahres entschieden, dass Versandapotheken im Ausland ihren Kunden Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren dürfen. Demgegenüber sind Apotheken in Deutschland nach wie vor an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden, die das verbietet. Manche Politiker und Apotheker befürchten einen ruinösen Preiswettbewerb, der das Netz der Apotheken im Bundesgebiet ausdünnt und damit die flächendeckende, wohnortnahe Versorgung der Patienten mit Medikamenten gefährdet.

Gutachten zeigten, „dass schon ein kleiner, einstelliger Zuwachs des Anteils von Versandapotheken zu einer massiven Gefährdung einer sehr großen Zahl von Präsenz­apotheken führt“, erläuterte der Minister und betonte: „Das rote A der Apotheken ist für viele Menschen ein Anker, sich Rat zu holen, wo sie schnell Medikamente bekommen. Dies hat sich bewährt und sollte nicht zur Disposition gestellt werden.“

Gröhe von Koalitionspartner enttäuscht

Nach der Bundestagswahl will sich Gröhe weiter für ein Verbot des Versandhandels mit verordnungspflichtigen Medikamenten einsetzen. „Das wird ein sehr, sehr wichtiger Punkt bei uns bei Koalitionsverhandlungen sein,“ machte er deutlich. Er bedauerte, dass das Verbot nicht schon in dieser Legislaturperiode beschlossen wurde. Er hätte sich gewünscht, dass gerade die SPD-Bundestagsfraktion auf die damaligen SPD-geführten Flächenländer und den Städte- und Gemeindebund gehört hätte, die einen Erhalt der bewährten Apothekenlandschaft in Deutschland gefordert haben.

Auch der Deutsche Apothekertag hat sich für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausgesprochen. In einem auf der Haupt­versammlung beschlossenen Leitantrag forderten die Apotheker den Gesetzgeber einem Sprecher zufolge auf, den Versandhandel mit Arzneimitteln „auf das europarechtlich notwendige Maß zurückzuführen“.

Medikationsplan wichtig

Ein weiteres wichtiges Ziel für die nächste Legislaturperiode ist für Gröhe der Ausbau der Arzneimittel-Therapiesicherheit und damit verbunden das Vorhaben, den Medikations­plan „so schnell wie möglich endlich“ von der Papier- in die die elektronische Form zu bringen. In diesen Plan sollen auch die Arzneimittel aufgenommen werden, die nicht verschreibungspflichtig sind. „Entscheidend wird sein, dass wir in diesem Gesetz auch die Grundsätze für die Aus­handlung von Zuschlägen für die Apotheken festgelegt haben, damit es zur entspre­chenden Ausstattung der Apotheken mit der Telematik-Infrastruktur kommt“, sagte Gröhe.

Seiner Ansicht nach sollen die Apotheken beim Medikationsplan umfassend mitwirken. Denn 250.000 Krankenhauseinweisungen durch Fehlwirkungen von Arznei­mitteln seien erheblich zu viele. „Deswegen haben wir ein Höchstmaß an Interesse daran, dass der Medikationsplan endlich elektronisch wird und die Beratung gestärkt und nicht geschwächt wird.“ Auch die zunehmende Zahl älterer und von Demenz betroffener Menschen mache es nötig, dass die Beratung in den Apotheken ausgebaut werde. Gerade deshalb müsse alles dafür getan werden, dass die Apotheken vor Ort erhalten blieben und Beratung adäquat vergütet werde.

Darüber hinaus lobte Gröhe das Engagement von Apothekern gemeinsam mit Ärzten dafür zu sorgen, dass trotz einer Konzentration im Herstellungsprozess Liefer­engpässe bei Medikamenten nicht zu Versorgungsengpässen bei Patienten führten. Mit der Meldepflicht für Krankenhausapotheken und der Meldepflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe man wichtige Ziele erreicht. Trotzdem werde er das Thema in der nächsten Legislaturperiode intensiv begleiten, damit Lieferengpässe nicht zu Versorgungsengpässen werden.

Apotheker machen Politik Zukunftsangebote

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) stellte klar, sie erwarte den „unverzüglichen Beginn eines Gesetzgebungsverfahrens zur Sicherung des einheitlichen Abgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel“, wie ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erklärte. Außerdem müsse ein neuer Koalitionsvertrag konkrete Aussagen zur Unter­stützung der wohnortnah organisierten Arzneimittel­versorgung durch freiberuflich geführte Apotheken überall in Deutschland enthalten.

Beim elektronischen Medikationsplan machte die ABDA deutlich, dass der Plan nicht zum Erfolg wird, solange die Apotheken nicht voll an Bord sind. „Ein wirklich praktikabler Medikationsplan wird also mit den Apothekern kommen, oder er wird gar nicht kommen“, so Schmidt. Für die geplante elektronische Version des Plans bräuchten die Apotheker einen umfassenden Lese- und Schreibzugriff und eine vollständige Interoperabilität mit allen Apotheken- und Praxisverwaltungssystemen bis hin zu den Krankenhausinformationssystemen.

Wichtig sei dabei auch eine Rechtsgrundlage für die zur erfolgreichen Umsetzung notwendigen Dienstleistungsverträge mit den gesetzlichen Krankenkassen. Schmidt forderte zudem eine entsprechende Vergütung und schnelles Handeln. „Schaffen wir den Durchbruch nicht, wird eine Vielzahl von Insellösungen entstehen, die in erster Linie den Interessen ihrer Ent­wickler und Anbieter dienen, aber nicht dem Interesse der Patientinnen und Patienten“, warnte Schmidt.

ts

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