Corona: Ärzte bereiten sich auf das Impfen vor

Berlin – Seit Monaten wollen sich die niedergelassenen Ärzte beim Impfen gegen SARS-CoV-2 einbringen. Gestern hatten Bund und Länder die Weichen dafür gestellt. Die Reaktionen fallen positiv aus, es gibt aber auch mahnende Worte. Die ersten Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) kündigten Starttermine fürs Impfen und Modellvorhaben an.
„Der eigentliche Gamechanger werden die Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte sein. Sie müssen schnell in die Impfkampagne eingebunden werden“, sagte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), in einer ersten Reaktion auf die gestrigen Beschlüsse.
„Das Impfen in vertragsärztlichen Praxen ist tägliche ärztliche Routine und vor allem dann schnell, wenn die Rahmenbedingungen unbürokratisch sind und man die Praxen machen lässt“, ergänzte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Zudem sei der vermehrte Einsatz von Schnelltests grundsätzlich gut, dürfe aber nicht zu einer falschen Sicherheit bei den Menschen führen.
Der Vorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), Peter Noack, warnte untedessen bei der Änderung der Impfverordnung zur Impfung in Arztpraxen vor zu viel Umständlichkeit. „Die neue Impfverordnung darf kein Bürokratiemonster werden“, mahnte er. Die Impfungen müssten sich problemlos in den Praxisalltag integrieren lassen. Die Ärzte müssten auch weiterhin für alle Patienten da sein können.
Nach KVBB-Angaben haben mittlerweile Ärzte aus über 1.000 Praxen im Land signalisiert, Coronaschutzimpfungen vornehmen zu wollen. Wenn jede Praxis nur 100 Menschen wöchentlich impfe, könnten landesweit mehr als 100.000 Menschen pro Woche geimpft werden, sagte Noack. „Nur so ist das politische Ziel zu erreichen, eine Herdenimmunität bis zum Ende des Sommers aufzubauen.“
Kinder- und Jugendärzte: „Impfen in Praxen so schnell wie möglich! Bürokratie nur so viel wie unbedingt nötig!
Die Bund-Länder-Vereinbarung sieht eine stärkere Beteiligung niedergelassener Ärzte bei Corona-Impfungen vor. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) betonte heute in Köln, dass ein Großteil der circa 7.000 niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte auf Abruf zum Impfen bereitstehen. Um neben der Versorgung der Patienten auch die Impfungen und eventuell Tests vornehmen zu können, müsse aber jegliche vermeidbare Bürokratie wegfallen.
Das regt auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) an. „Wir wollen impfen, aber wir wollen unsere Zeit nicht mit dem Ausstellen ärztlicher Atteste zur Impfpriorisierung zubringen“, sagte BVKJ-Präsident Thomas Fischbach.
Wenn die Politik weiterhin auf der durchaus sinnvollen Priorisierung bestehe, müsse sie Wege finden, dieses Procedere aus den Praxen herauszuhalten. Der BVKJ halte ein flächendeckendes Einladungssystem für sinnvoll, bei dem die Krankenkassen die Vorrangprüfung übernehmen und die Patienten anschreiben würden.
Bund und Länder hatten gestern vereinbart, dass Hausärzte zum Monatswechsel mit den Coronaimpfungen in ihren Praxen beginnen können. Dazu muss die jeweilige Impfverordnung in den Ländern noch geändert werden.
Baden-Württemberg startete heute mit einem Pilotprojekt für erste Coronaimpfungen in Arztpraxen. Ab dem kommenden Montag soll es in fast jedem Stadt- und Landkreis eine Hausarztpraxis geben, die Coronaimpfungen anbietet, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Stuttgart bekanntgab.
Das Angebot richtet sich demnach zunächst nur an über 80-Jährige aus der ersten Impfgruppe. Die Termine werden von den Praxen vereinbart, man muss nicht von sich aus nach einem Termin fragen, hieß es.
Der Probebetrieb bei den Hausärzten in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) und den Kommunalen Landesverbänden soll zunächst sechs Wochen dauern. Im Bezirk eines Impfzentrums soll es maximal eine Hausarztpraxis geben, die Coronaimpfungen anbietet.
Auch die KV Berlin zielt auf schnelle Impfungen in Arztpraxen. Mit Inkrafttreten der neuen Impfverordnung in der kommenden Woche beginne man mit dem Impfen in den Praxen. Im ersten Schritt sollen rund 100 Praxen an den Start gehen, unter ihnen befinden sich diabetologische und onkologische Schwerpunktpraxen sowie Hausarztpraxen. Im zweiten Schritt wird eine flächendeckende Einbeziehung aller Arztpraxen vorbereitet.
Die KV Berlin geht davon aus, dass in den Praxen in der Startphase Astrazeneca verimpft wird und je nach Lieferaufkommen weitere Impfstoffe folgen. Die rund 100 Modellpraxen werden nach den Priorisierungsvorgaben der Impfverordnung impfen. Abhängig von der gelieferten Impfstoffmenge laden sie ausschließlich Bestandspatienten ein, die an einer chronischen Erkrankung laut Impfverordnung leiden und zwischen 18 und 64 Jahre alt sind.
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