Diagnostikaindustrie mahnt politische Vorbereitung auf Coronaherbstwelle an
Berlin – Gut gewappnet für eine mögliche neue Coronawelle im Herbst sieht sich der Verband der Diagnosticaindustrie (VDGH). Man könne genügend Antigenschnelltests und Labortest bereitstellen, wenn die Politik rechtzeitig entsprechende Beschlüsse fasst. „Die Diagnostikaunternehmen sind reaktionsschnell und bleiben ein verlässlicher Partner für Ärzteschaft und Politik“, sagte Martin Walger, Geschäftsführer des VDGH.
Verordnungen, die von einem Tag auf den anderen gelten, könnten die Versorgungslage im Herbst allerdings erschweren, so der Verband. Für die Planungsprozesse sei eine längere Vorlaufzeit nötig, da die Lieferketten bis nach Asien reichen würden und die Lieferung und Bereitstellung somit längere Zeit in Anspruch nehme.
Laut den vorgelegten Geschäftszahlen ist der Markt für In-Vitro-Diagnostika (IVD) im Jahr 2021 um 103 Prozent gewachsen. Dies sei laut VDGH zum großen Teil auf die Coronapandemie zurückzuführen. Der Umsatz stieg auf 6,3 Milliarden Euro – 65 Prozent sind alleine durch die Coronadiagnostik erwirtschaftet worden.
Besonders die Coronaantigentests sind für das Wachstum verantwortlich. Diese machen 90 Prozent des Marktvolumens der Coronadiagnostik aus. „Mit der gesamten Palette der Testmethoden wurden Forschungseinrichtungen, medizinische Labore, Krankenhäuser, Arztpraxen und Testzentren lückenlos bedient“, betonte der VDGH-Vorsitzende Ulrich Schmid.
Anders sieht das Wachstum bei der Routinediagnostik aus, denn dort stagniere der Umsatz in Deutschland seit mehreren Jahren, so der VDGH.
Die jährliche Branchenumfrage des VDGH ergab, dass die Unternehmen für das Jahr 2022 eine überwiegend positive wirtschaftliche Situation erwarten. Die Mehrheit der Unternehmen (57 Prozent) hat vor, den Personalbestand auszubauen. Auch in der Diagnostikabranche sei laut Schmid der Fachkräftemangel eine sehr große Herausforderung. Für knapp 90 Prozent der Unternehmen ist das Thema relevant.
Weitere Herausforderungen stellen laut VDGH insbesondere das niedrige Vergütungsniveau und die Budgetierung der Laborleistungen sowie steigende regulatorische Anforderungen, langwierige Aufnahmeverfahren für Innovationen und der Preisdruck am Markt dar. Auch die steigenden Energie- und Rohstoffkosten würden immer relevanter.
Die neue EU-IVD-Verordnung, welche ab dem 26. Mai gilt, sorge ebenfalls für Schwierigkeiten. Vor allem die Zertifizierung von Prüfinstitutionen gehe langsam voran, sodass hier Engpässe befürchtet werden, die auch Auswirkungen auf die Zulassung von neuen Produkten haben könnten.
„Aktuell sind lediglich 6 von 22 Stellen benannt, die zukünftig unsere Produkte zulassen dürfen. Die EU-Kommission hat bereits mit Übergangsfristen reagiert, der Zeitrahmen bleibt aber sehr eng“, so Walger.
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