Dusel für rechtliche Vorgaben zur Barrierefreiheit in Praxen

Berlin – Gesetzliche Rahmenbedingungen sollen für Barrierefreiheit im Gesundheitssystem sorgen und allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsleistungen ermöglichen. Dies forderte Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, gestern bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft (GVG), dem Verbund gesundheitsziele.de und dem Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS).
Dusel machte deutlich, dass es beim Zugang zum Gesundheitssystem in Deutschland noch große Qualitätsprobleme gebe. Menschen mit Behinderungen würden in Arztpraxen noch zu oft auf Barrieren stoßen, die nicht nur den physischen Zugang, sondern beispielsweise auch Kommunikationswege betreffen. Sie seien im Gesundheitssystem noch lange nicht gleichberechtigt. „Dies kann nicht der Anspruch eines modernen Gesundheitssystems sein“, bekräftigte er.
Der Bundesbeauftragte machte sich dafür stark, rechtliche Vorgaben zu schaffen und den Aktionsplan zur Barrierefreiheit aktiv umzusetzen, sodass die Änderungen auch bei den Betroffenen ankommen. Niedergelassene sollten mit einer Übergangsfrist dazu verpflichtet werden, die Barrierefreiheit in ihren Praxen umzusetzen. „Bleibt es weiter freiwillig, kann man es auch lassen“, sagte Dusel.
Zu dieser Äußerung positionierte sich heute Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): „Die Forderung nach gesetzlichen Regelungen zu einer verpflichtenden Barrierefreiheit in allen Arztpraxen ist realitätsfern und atmet den Hauch des Populismus.“
Für sechs Beeinträchtigungsarten gebe es allein über 80 Kriterien für die Barrierefreiheit, so Gassen. „Das kann keine Praxis, vermutlich keine Einrichtung, wohl auch kaum eine öffentliche, in Deutschland in voller Bandbreite erfüllen.“
Die Gründe für eine fehlende Barrierefreiheit seien vielfältig. Auflagen zum Brand- und Denkmalschutz, Gewerbeaufsichtsvorgaben, Vorschriften des Vermieters oder hohe Kosten für einen barrierefreien Umbau könnten die Umsetzung einschränken. „Sie können unmöglich allein den Praxisinhabern aufgebürdet werden bei einer ohnehin insgesamt unzureichenden Finanzierung“, warnte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister.
„Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wollen alle Patientinnen und Patienten versorgen“, betonte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. „Das Prinzip der Machbarkeit sollte im Vordergrund stehen und nicht gesetzlicher Zwang, der eher dazu führt, dass Praxisinhaber vor zu hohen oder zu teuren Anforderungen kapitulieren und ihre Praxen schließen.“
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