Ausland

Dutzende Flüchtlinge sterben bei Bootsunglück

  • Montag, 27. Februar 2023
/picture alliance, AP, Antonino Durso
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Rom – Bei einem Bootsunglück vor der italienischen Küste sind gestern fast 60 Flüchtlinge ums Leben ge­kommen, unter ihnen auch ein erst wenige Monate altes Baby.

Wie der Bürgermeister der süditalienischen Stadt Crotone, Vincenzo Voce, im Sender Sky TG-24 sagte, wurden bis gestern Nachmittag 59 Todesopfer ge­borgen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte nach dem Bootsunglück endlich Fort­schritte bei der Asylreform in der Europäischen Union (EU).

Das überladene Boot war am gestern am frühen Morgen nicht weit von Crotone in der süditalienischen Re­gion Kalabrien entfernt bei heftigem Seegang auseinandergebrochen, wie italienische Medien berichteten.

Während die italienische Küstenwache von rund 120 Menschen an Bord ausging, sprachen Rettungskräfte von mehr als 200 Menschen. 80 Menschen überlebten nach Angaben der Küstenwache das Unglück, einige von ihnen schwammen selbst an die Küste.

Bilder der italienischen Polizei zeigten Holztrümmer, die am Strand angeschwemmt wurden. Rettungskräfte sind darauf ebenso zu sehen wie Überlebende, die darauf warteten, in ein Flüchtlingszentrum gebracht zu werden.

„Dutzende von Menschen sind ertrunken, darunter auch Kinder. Viele Vermisste. Kalabrien ist in Trauer nach dieser schrecklichen Tragödie“, sagte der Gouverneur der Region, Roberto Occhiuto. Nach Angaben von Italiens Präsident Sergio Mattarella kamen viele der Migranten aus Afghanistan und dem Iran.

Italiens rechtsgerichtete Ministerpräsidentin Giorgia Meloni äußerte angesichts der Todesfälle ihren „tiefen Schmerz“. Es sei „kriminell, ein kaum 20 Meter langes Boot mit 200 Menschen an Bord und einer schlechten Wettervorhersage in See stechen zu lassen“. Ihre Regierung setze sich dafür ein, Abfahrten und damit „diese Art von Tragödien zu verhindern“. Meloni sagte, dies erfordere die „größtmögliche“ Zusammenarbeit der Staa­ten, aus denen Flüchtlinge nach Italien kommen.

Erst vor wenigen Tagen hatte das italienische Parlament ein umstrittenes Gesetz der Regierung zum Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer verabschiedet. Es zwingt Rettungsschiffe dazu, pro Einsatz nur eine Bergungs­aktion auszuführen. Nach Einschätzung der Kritiker wird dies das Risiko von Todesfällen im Mittelmeer deut­lich erhöhen.

Meloni hatte im Oktober die Amtsgeschäfte in Rom übernommen. Ihre rechtsgerichtete Regierung hatte im Wahlkampf angekündigt, die Ankünfte von Flüchtlingen in Italien zu stoppen.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen erklärte nach dem Unglück, im Mittelmeer kämen „unaufhörlich Menschen durch ein Vakuum an Rettungskapazitäten“ ums Leben. Es sei „inhuman, inakzeptabel und unver­ständ­lich, dass wir immer wieder Zeugen von diesen vermeidbaren Tragödien werden“, erklärte der Migra­tionsexperte von Ärzte ohne Grenzen in Italien, Sergio Di Dato.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen schrieb im Onlinedienst Twitter von einer „Tragödie“, die sie „zu­tiefst traurig“ mache. Sie forderte stärkere Bemühungen für eine Reform des EU-Asylrechts.

Italien ist wegen seiner geografischen Lage besonders häufig ein Ziel von Migranten, die von Nordafrika nach Europa gelangen wollen. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind seit Anfang des Jahres rund 14.000 Flüchtlinge in Italien angekommen. Im Vorjahreszeitraum waren es etwa 5.300 gewesen.

afp

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