Ausland

Nach Bootsunglück sucht Küstenwache weiter nach Opfern

  • Dienstag, 28. Februar 2023
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Giovanni Isolino
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Cutro – Einen Tag nach dem Flüchtlingsdrama im Mittelmeer vor der Küste Italiens mit bisher 62 Toten hat die Küs­tenwache ihre Suche nach Opfern fortgesetzt. Örtlichen Behörden zufolge wurden gestern noch 20 Menschen vermisst, darunter nach Angaben der Hilfsorganisation Save the Children „viele Minder­jährige“.

Das pakistanische Außenministerium teilte gestern mit, dass sich unter den Geretteten 16 Pakistaner befan­den, vier weitere würden jedoch vermisst. Ein mit der Bekämpfung von Menschenhandel betrauter pakistani­scher Beamter sagte, dass jedes Jahr schätzungsweise 40.000 Pakistaner versuchten, in europäische Länder zu gelangen.

Die Hilfsorganisation Save the Children teilte im Kurzbotschaftendienst Twitter mit, sie unterstütze Überle­bende, die aus Afghanistan, Pakistan, Somalia und Syrien stammten, darunter auch zehn Minderjährige, die mit ihren Familien unterwegs gewesen seien. „Es gibt viele vermisste Minderjährige“, schrieb die Organisation auf Twitter. Einige der Geretteten hätten „Verwandte ins Wasser fallen und verschwinden oder sterben sehen“.

Der Leiter des Teams von Ärzte ohne Grenzen, Sergio di Dato, sagte, einige der geretteten Kinder seien durch das Unglück zu Waisen geworden. „Ein zwölfjähriger afghanischer Junge hat seine gesamte Familie verloren, alle neun – vier Geschwister, seine Eltern und andere sehr nahe Verwandte“, sagte er Journalisten.

Italiens rechtsgerichtete Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte angesichts der Todesfälle erklärt, es sei „kriminell, ein kaum 20 Meter langes Boot mit 200 Menschen an Bord und einer schlechten Wettervorhersage in See stechen zu lassen“. Die Regierung sei „entschlossen, die Abfahrt (von Migrantenbooten) und damit diese Art von Tragödie zu verhindern“.

Der Programmdirektor von Ärzte ohne Grenzen Italien, Marco Bertotto, bezeichnete die Reaktion Melonis als „weiteren Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden dieser Tragödie“. Seenotrettung dürfe nicht mit ille­galer Einwanderung verwechselt werden.

Meloni hatte im Oktober die Amtsgeschäfte in Rom übernommen. Ihre weit rechts stehende Regierung hatte im Wahlkampf angekündigt, die Ankünfte von Flüchtlingen in Italien zu stoppen.

Erst vor wenigen Tagen hatte das italienische Parlament ein umstrittenes Gesetz der Regierung zum Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer verabschiedet. Es zwingt Rettungsschiffe dazu, pro Einsatz nur eine Bergungs­aktion auszuführen. Nach Einschätzung der Kritiker wird dies das Risiko von Todesfällen im Mittelmeer deut­lich erhöhen.

Italien ist wegen seiner geografischen Lage besonders häufig ein Ziel von Migranten, die von Nordafrika nach Europa gelangen wollen. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind seit Anfang des Jahres rund 14.000 Flüchtlinge in Italien angekommen. Im Vorjahreszeitraum waren es etwa 5.200 gewesen.

afp

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