Einigung auf Preise für neue Gebührenordnung, Mehrfachhebesätze sollen wegfallen

Berlin – Die neue Gebührenverordnung für Ärzte (GOÄneu) hat eine weitere Hürde genommen. Die Bundesärztekammer (BÄK) und der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) haben sich auf ein neues System und eine Preisliste verständigt. Diese wurden heute etwa 165 ärztlichen Verbänden und Fachgesellschaften in Berlin vorgestellt.
Gestrichen sind im Entwurf der neuen GOÄ die bisherigen Mehrfachhebesätze. Ärzte werden dann keinen 2,3- oder 3,5-fachen Hebesatz oder ähnliches mehr abrechnen können. Auch die bisherigen Analogziffern für Verfahren, für die es bisher keine Preise gab, weil die derzeitige GOÄ nicht auf dem Stand der Technik ist, entfallen.
Stattdessen soll jede Leistung einen eigenen Preis haben. Dieser kann in komplexen Fällen mit einer medizinischen Begründung mit einem Zuschlag versehen werden. Während etwa bei technischen Fächern die Leistungen für Anwendungen abgesenkt werden, soll die sprechende Medizin dem Entwurf zufolge besser vergütet werden. Das erarbeitete Gebührenverzeichnis enthält 5.500 Gebührennummern und Zuschläge.
Im Ergebnis hat der PKV-Verband akzeptiert, dass das GOÄ-Ausgabevolumen um bis zu 13,2 Prozent steigen werde, teilte die BÄK heute mit. Das ist ein Volumen von rund 1,9 Milliarden Euro. Dieser Effekt solle in den ersten drei Jahren (Einführungsphase) stufenweise eintreten.
So könnten die Auswirkungen sorgfältig beobachtet werden, um bei Überschreitungen oder Unterschreitungen gegenüber der prognostizierten Entwicklung rechtzeitig mit gemeinsamen Empfehlungen an den Verordnungsgeber – das Bundesgesundheitsministerium – reagieren zu können, hieß es weiter.
Die Verbände sollen sich nun in den kommenden 14 Tagen mit den exakten Preislisten und den Auswirkungen auf die Fachgruppen beschäftigen können und dabei prüfen, ob sie grundsätzlich Einwände erheben.
Bei der heutigen Anhörung der Verbände habe es zwar auch kritische Stimmen, aber eine weitgehende Zustimmung gegeben, sagte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt. Obwohl die BÄK kein Mandat durch die Verbände benötige, sei das eingeholte Stimmungsbild „hochkarätig“ und das Vorgehen durch eine „überwältigende Mehrheit“ bestätigt worden.
Verbände und Fachgesellschaften hatten die Arztversion der GOÄneu mit der BÄK gemeinsam erarbeitet. Reinhardt betonte, in den vergangenen anderthalb Jahren hätten alle Beteiligten „akribisch“ zusammengearbeitet. Man habe nun eine Balance aus angemessener Vergütung und einem modernen Leistungsverzeichnis einerseits, ohne andererseits die PKV zu überfordern. In einem Testbetrieb auf der Basis von mehr als 1.500 Rechnungen wurde bereits eine Folgenabschätzung der Änderungen vorgenommen, berichtete die BÄK.
Nun ist die Politik am Zug. Die hatte sich bisher neutral bis ablehnend positioniert. Sie ist in den vergangenen Jahren immer wieder über den Stand der Dinge und die Fortschritte der Gespräche informiert worden. Zuerst müssten die Ärzte und die PKV ihre Hausaufgaben vollständig erledigen, bevor man sich damit befassen werde, so der Tenor – ganz gleich, welche politische Partei in den vergangenen Jahren das Bundesgesundheitsministerium verantwortete.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Januar dieses Jahres lediglich zugesagt, dass man an das Thema vorurteilsfrei herangehen werde. Man werde die Novelle der GOÄ in der Ampelkoalition zwischen SPD, Grünen und FDP besprechen, sagte er.
Wenn die Verbände die Pläne absegnen, dann soll die GOÄneu am 9. Oktober einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden. Bei der Veranstaltung will die BÄK gemeinsam mit der PKV den Bundesgesundheitsminister auffordern, die geeinten Vorschläge zügig umzusetzen. Reinhardt sagte, man setze darauf, dass die Umsetzung durch die Politik „wie versprochen“ erfolge.
„Das Ziel ist so schnell wie möglich“, hieß es von der BÄK. Die GOÄneu muss als Verordnung erstellt werden, der am Ende auch der Bundesrat zustimmen müsste. Die neue GOÄ beträfe nämlich auch die Ausgaben der Beihilfe.
Grund für eine neue Gebührenordnung ist vor allem das Alter der bisherigen GOÄ. Sie stammt im Wesentlichen aus dem Jahr 1982. 1996 wurde sie in Teilen novelliert. Aus Sicht der Ärzteschaft ist sie völlig veraltet und bildet weder die Dynamik des ärztlichen Leistungsspektrums noch die aktuelle Kosten- und Preisentwicklung ab.
Das hat zur Folge, dass nicht im Gebührenverzeichnis enthaltene Leistungen nur mit Hilfe von Analogziffern abgerechnet werden könnten. Für Patienten, Krankenversicherer, Beihilfe und Ärzteschaft bringt das Probleme mit – Folge können Rechtsstreitigkeiten und mehr Bürokratie sein.
BÄK-Präsident Reinhardt hatte dafür bereits früher Beispiele genannt. Für eine optische Kohärenztomografie des Auges, mit der Veränderungen an der Netzhaut erkannt und kontrolliert werden können, muss in Ermangelung einer entsprechenden Gebührenziffer analog einer Ultraschalluntersuchung des Herzens berechnet werden. Diese Art der Leistungsabrechnung ist für ihn intransparent und unverständlich.
Zum Entwurf der GOÄ hieß es heute: Der Entwurf der neuen GOÄ biete Patienten und Ärzten einen rechtssicheren, modernen und transparenten Rahmen für die Erbringung und Abrechnung ärztlicher Leistungen. Die GOÄneu entspreche „dem Stand der modernen Medizin“.
Seit vielen Jahren fordert der Deutsche Ärztetag mit Nachdruck das Bundesgesundheitsministerium auf, die Reform der GOÄ auf Grundlage des gemeinsamen Vorschlags von Bundesärztekammer, PKV-Verband und Beihilfe umzusetzen.
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