Elektronische Patientenakte muss zum Start technisch ausgereift sein

Berlin – Zum politisch angepeilten Start Anfang 2025 muss die elektronische Patientenakte (ePA) „voll funktionsfähig und sinnvoll nutzbar“. Das forderte heute die Delegiertenversammlung des 45. Hausärztinnen- und Hausärztetages vom Gesetzgeber. Die ePA müsse technisch so ausgereift sein, dass sie im Praxisalltag bestehen könne – dies betreffe insbesondere schnelle und zuverlässige Zugriffszeiten.
Zudem müssten bis zum geplanten flächendeckenden Starttermin am 15. Februar 2025 alle Bürgerinnen und Bürger ausreichend über die Funktionsweise und die Vor- und Nachteile der ePA informiert werden, wird in dem Beschluss betont. Patienten mitten in der Infektsaison über die ePA zu informieren, sei weder Aufgabe der Praxen noch zeitlich leistbar.
Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, sprach in diesem Zusammenhang ironisch von einem „sehr gut gewählten Termin“.
Mit Blick auf die ohnehin bestehende Belastung der hausärztlichen Praxen warnte Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen und Hausärzteverbandes, der ePA-Start im Winter könne dem Versorgungssystem „ordentlich um die Ohren fliegen“. Auch werde die ePA zu Beginn in keiner Weise den kommunizierten Ansprüchen gerecht.
Im Beschluss der Delegierten heißt es zu diesem Aspekt, die Inhalte ebenso wie die damit verbundenen Einschränkungen der Medikationsliste müssten gegenüber den Patienten aber auch den Ärzten kommuniziert werden.
Strukturierte Daten erforderlich
Mittelfristig brauche es für eine wirklich die medizinische Versorgung unterstützende ePA zwingend strukturierte Daten. Nur so könne die ePA ihr volles Potenzial entfalten und zu einem unverzichtbaren Werkzeug im Versorgungsalltag werden.
In einem weiteren Beschluss fordert der Hausärztinnen- und Hausärzteverband den Gesetzgeber auf, die bestehenden Sanktionen gegen Praxen im Rahmen der Telematikinfrastruktur (TI) abzuschaffen. Solange etwa Krankenhäuser oder auch der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) selbst grundlegende Anforderungen wie die Integration von KIM (Kommunikation im Medizinwesen) oder eine Implementierung der ePA nicht erfüllten, sei es „völlig widersinnig“, Vertragsärzte zu sanktionieren.
Neben der Digitalisierung stellten auch weitere aktuelle Problemfelder und Gesetzesvorhaben Diskussionspunkte des Hausärztinnen- und Hausärztetages dar. Unter anderem forderte die Delegiertenversammlung die Bundesregierung auf, im Rahmen der geplanten Notfallreform die Einführung von Doppelstrukturen zu vermeiden.
In „aller Deutlichkeit“ lehne man den Aufbau eines 24/7-verfügbaren telemedizinischen Bereitschaftsdienstes sowie eines aufsuchenden Notdienstes ab. Benötigt werde stattdessen eine ressourcenschonende verbindliche Steuerung der Patienten in die jeweils angemessene Versorgungsebene.
Auch zu den kürzlich abgeschlossenen Verhandlungen zum Orientierungswert zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband gab es einen Beschluss. Es gelte, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die entsprechenden Verhandlungen kritisch zu hinterfragen und Vorschläge zu entwickeln, wie künftig eine zielführende Verhandlung zur adäquaten Berücksichtigung der Kostensteigerung in den Praxen gestaltet sein müsse.
Weiterhin wurde die gemeinsame Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass „hausärztliche Sitze ausschließlich von Ärztinnen und Ärzten besetzt werden, die eine umfassende hausärztliche Versorgung anbieten“. Gegebenenfalls sei auch der Gesetzgeber gefordert, regulierende Maßnahmen zu ergreifen.
Masterplan 2020 umsetzen
Ebenfalls im Zusammenhang mit der Sicherung einer künftigen hausärztlichen Versorgung kritisierten die Delegierten, dass die Umsetzung des Masterplan 2020 der Approbationsordnung entgegen allen Ankündigungen bislang nicht umgesetzt wurde.
Bundesregierung, Landesregierungen und die Medizinischen Fakultäten der Universitäten seien aufgefordert, in die Ausbildung der Medizinstudierenden einen höheren Bezug zur Versorgungsrealität und der Häufigkeit von Erkrankungen einzubringen. Gleiches gelte für die Kammern in Bezug auf die ärztliche Weiterbildung.
Hier stellten die Landesregierungen, so kritisierte Beier, den „größten Hemmschuh“ dar. Diese müssten ihrer Finanzierungsverantwortung gerecht werden, anstatt öffentlich darüber zu klagen, dass die hausärztliche Versorgung wegbricht.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: